19.02.2009

Magnetische Domänenwand erzeugt elektrisches Feld

Die Bewegung einzelner Domänenwände in ferromagnetischen Streifen wurde elektrisch nachgewiesen

Magnetische Domänenwand erzeugt elektrisches Feld

Die Bewegung einzelner Domänenwände in ferromagnetischen Streifen wurde elektrisch nachgewiesen.  

Die elektrische Ladung des Elektrons und sein Spin liegen der elektronischen Verarbeitung bzw. der magnetischen Speicherung von Daten zugrunde. Welche Möglichkeiten das Zusammenspiel von Spin und Ladung eröffnet, zeigt der Riesenmagnetowiderstand, bei dem der elektrische Widerstand zwischen zwei Magnetschichten vom Unterschied ihrer Magnetisierungsrichtungen abhängt. Dank dieses Effekts sind die Leseköpfe der Computerfestplatten viel empfindlicher geworden, wodurch sich die Speicherkapazitäten erheblich vergrößern ließen. Die Spintronik soll weitere spin-elektrische Effekte nutzen, z. B. die magnetische Steuerung von spinpolarisierten Strömen. Jetzt hat man einen neuen Effekt entdeckt, bei dem Spin und Ladung zusammenspielen: Bewegte magnetische Domänen erzeugen eine messbare elektrische Spannung.  

Schon früher hatte man beobachtet, dass in dünnen elektrisch leitenden Magnetschichten ein elektrischer Strom magnetische Domänenwände verschieben kann. Die Leitungselektronen stellen ihre Spins möglichst in Richtung der lokalen Magnetisierung der Schicht ein. Überqueren sie eine Domänenwand, so müssen sich die Spins neu ausrichten. Dabei üben sie eine Kraft auf die Domänenwand aus, die die Wand in Richtung des Elektronenflusses in Bewegung setzt. Der umgekehrte Effekt, dass nämlich eine bewegte magnetische Domänenwand eine elektrische Spannung erzeugt, war von mehreren Theoretikern vorhergesagt worden.  

Auf ein Elektron, das sich in einer magnetischen Schicht bewegt, wirken verschiedene Kräfte, die von der Spintextur der Schicht abhängen. Die „Krümmung“ der Textur bewirkt eine Kraft, die der Geschwindigkeit des Elektrons proportional ist. Da es letztlich aber nur auf die Relativgeschwindigkeit zwischen Elektron und Spintextur ankommt, tritt auch noch eine Kraft auf, die von der zeitlichen Veränderung der Textur abhängt. Diese Kraft geht mit einem elektrischen Feld einher. Im Falle einer bewegten Domänenwand macht sich diese Feld als elektrische Spannung längs der Bewegungsrichtung der Wand bemerkbar. Ausgehend von eindimensionalen Modellen für magnetische Domänenwände konnte man zeigen, dass die Spannung proportional zur zeitlichen Änderung eines charakteristischen Neigungswinkels der Domäne war. Dieser Zusammenhang zeigte verblüffende Parallelen zum Josephson-Effekt von supraleitenden Kontakten. Doch die Realität ist ein wenig komplizierter.  

James Erskine und seine Mitarbeiter von der University of Texas in Austin haben untersucht, wie sich magnetische Domänenwände in einem ferromagnetischen Streifen aus Permalloy (Ni80Fe20) bewegen, der 20 nm dick, 500nm breit und 75 µm lang war. Der Streifen war in seiner Längsrichtung magnetisiert. An einem Ende war er mit einem Permalloykontakt versehen, über den ihn ein externes Magnetfeld ummagnetisieren konnte. Bei solch einer Ummagnetisierung lief eine Domänenwand vom Permalloykontakt zum anderen Ende des Streifens. Gleichzeitig maßen die Forscher die entlang des Streifens auftretende elektrische Spannung.  

Frühere Experimente und numerische Berechnungen hatten gezeigt, dass solch eine Domänenwand sich nicht als eindimensionale Front bewegt, sondern einem Wirbel ähnelt, der einen komplizierten Tanz von einer Seite des Streifens zur anderen ausführt und dabei längs des Streifens vorankommt. Die auftretende elektrische Spannung sollte proportional zum Betrag der Geschwindigkeit sein, mit der ein Wirbel zwischen den beiden Seiten des Streifens hin und her läuft. Demnach sollte die Spannung V proportional zum Magnetfeld H sein, mit der der Permalloystreifen ummagnetisiert wurde: V = a H, wobei sich für die Konstante a der Wert 11,6 nV/Oe ergab.  

Um diesen Zusammenhang zu messen, mussten die Forscher die von den bewegten Domänenwänden verursachte Spannung, die nur etwa 100 nV betrug, aus der viel größeren Spannung herausfiltern, die vom äußeren Magnetfeld induziert wurde. Das gelang ihnen, indem sie durch eine geschickte Wahl von Magnetpulsen die Domänenwände mit einer modulierten Frequenz von 320 kHz einzeln durch den Permalloystreifen auf die Reise schickten. Eine geringfügige Veränderung der Magnetpulse führte dazu, dass zu bestimmten Zeiten keine Ummagnetisierung des Streifens stattfand. Der Vergleich der Spannungssignale mit und ohne Ummagnetisierung brachte dann die von den bewegten Domänenwänden hervorgerufene Spannung V zutage. Tatsächlich erwiesen sich V und H als proportional, wobei die Proportionalitätskonstante ungefähr 10 nV/Oe betrug und somit gut mit dem Theoriewert übereinstimmte: Ein bemerkenswert einfaches Resultat angesichts der komplizierten Vorgänge bei der Ummagnetisierung.

RAINER SCHARF  


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