14.04.2020

Magnetische Monopole im Spin-Eis

Untersuchungen mit Neutronen belegen exotisches Verhalten in Kristallen mit Kagome-Struktur.

Magnetische Monopole sind eigentlich unmöglich. Bei tiefen Temperaturen können sich jedoch in bestimmten Kristallen Quasiteilchen zeigen, die sich wie magnetische Monopole verhalten. Nun hat eine internationale Kooperation nachgewiesen, dass solche Monopole auch in einem Kagome-Spin-Eis-System auftreten. Ausschlag­gebend waren unter anderem auch Messungen mit inelastischer Neutronen­streuung am Instrument NEAT der mittlerweile stillgelegten Berliner Neutronen­quelle BER II. 
 

Abb.: Die Eisregel benachbarter Spins (links, rote Pfeile) in einem...
Abb.: Die Eisregel benachbarter Spins (links, rote Pfeile) in einem Kagome-Muster: Entweder ragen zwei Spins in ein Dreieck hinein und eins hinaus oder umgekehrt. Einzelne Dreiecke verhalten sich deshalb wie magnetische Monopole (rechts). (Bild: U. Augsburg)

Magnetische Monopole wurden weltweit erstmals 2008 am BER II nachgewiesen. Damals handelte es sich um ein eindimensionales Spinsystem in einer Dysprosium-Verbindung. Vor rund zehn Jahren konnten Monopol-Quasiteilchen auch in zweidimensionalen Spin-Eis-Materialien nachgewiesen werden, die aus tetraedrischen Kristall-Einheiten bestanden. Diese Spin-Eis-Materialien waren jedoch elektrische Isolatoren.

Kan Zhao und Philipp Gegenwart von der Universität Augsburg haben nun zusammen mit Teams aus dem Heinz-Meier-Leibnitz-Zentrum, dem Forschungszentrum Jülich, der University of Colorado, der Akademie der Wissenschaften in Prag sowie dem Helmholtz-Zentrum Berlin erstmals gezeigt, dass auch eine metallische Verbindung solche magnetischen Monopole ausbilden kann. Das Team in Augsburg stellte dafür kristalline Proben aus den Elementen Holmium, Silber und Germanium her. In den HoAgGe-Kristallen bilden die Spins der Holmium-Atome ein zweidimensionales Kagome-Muster. Dieser Name kommt von der japanischen Kagome-Flechtkunst, bei der die Flechtbänder nicht rechtwinklig miteinander verwoben sind, sondern so, dass sich dreieckige Muster bilden.

Im Kagome-Muster können sich die Spins benachbarter Atome nicht wie üblich jeweils gegenläufig zueinander ausrichten. Stattdessen gibt es zwei zulässige Spin-Konfigurationen: Entweder zeigen die Spins von zwei der drei Atome genau zum Dreiecks-Zentrum, die des dritten dagegen aus dem Zentrum heraus. Oder es ist genau umgekehrt: Ein Spin zeigt zum Zentrum, die beiden anderen aus ihm heraus. Dies beschränkt die Möglichkeiten der Spin-Anordnungen – daher auch der Name „Kagome-Spin-Eis“. Eine Folge davon ist, dass sich dieses System so verhält, als ob in ihm magnetische Monopole vorliegen würden.

Dieses Verhalten konnte nun die Kooperation um die Augsburger Forscher erstmals auch experimentell in HoAgGe-Kristallen nachweisen. Sie kühlten die Proben stark ab und untersuchten sie unter verschieden starken äußeren Magnetfeldern. Einen Teil der Experimente führten die Wissenschaftler am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum in Garching bei München durch. Dabei wurden sie von der Abteilung Probenumgebung des HZB unterstützt, die einen supraleitenden Kryomagneten für die Experimente am FRM-II zur Verfügung stellte.

So konnten sie unterschiedliche Spin-Anordnungen erzeugen, die in einem Kagome-Spin-Eis erwartet werden. Modell­rechnungen aus dem Augsburger Forschungs­team zeigten, wie das Energiespektrum der Spins aussehen sollte. Dieses Energiespektrum der Spins konnte dann mit der Methode der inelastischen Neutronen­streuung am Instrument NEAT an der Berliner Neutronen­quelle vermessen werden. „Das war der letzte Baustein für den Nachweis der magnetischen Monopole in diesem System. Die Übereinstimmung mit den theoretisch vorhergesagten Spektren ist wirklich sehr groß“ sagt Margarita Russina, die am HZB für das NEAT-Instrument verantwortlich ist.

HZB / DE
 

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