16.10.2009

Magnetische Monopole im Spineis gemessen

Die magnetische Ladung der kürzlich nachgewiesenen Monopole wurde jetzt bestimmt.

Die magnetische Ladung der kürzlich nachgewiesenen Monopole wurde jetzt bestimmt.

Freie magnetische Monopole hat man trotz jahrzehntelanger Suche bisher nicht gefunden. Aber in exotischen magnetischen Substanzen, die man als Spineis bezeichnet, hat man kürzlich Anregungen entdeckt, die sich wie magnetische Elementarladungen verhalten und unabhängig voneinander durch den Kristall wandern. Jetzt haben Steve Bramwell vom University College in London und seine Kollegen die Ladung der magnetischen Monopole gemessen und eine hervorragende Übereinstimmung mit theoretischen Vorhersagen erzielt.

Abb.: Die magnetischen Monopole verhalten sich wie elektrische Ionen: (a) Sie dissoziieren teilweise und (b) werden von einem (magnetischen) Feld getrennt. (c) Mit Hilfe eingebetteter Myonenspins kann man verfolgen, wie schnell die Zahl der freien Monopole durch Rekombination wieder abnimmt. (Bild: S. T. Bramwell et al., Nature)

Für die Experimente wurden Einkristalle des Spineises Dy2Ti2O7 benutzt, deren Dy3+-Ionen auf einem Diamantgitter sitzen und einen Spin tragen. Das Gitter wird von Tetraedern gebildet, wobei jeweils zwei Tetraeder einen Spin gemeinsam haben. Von den vier Spins an den Ecken eines Tetraeders zeigen im magnetischen Grundzustand zwei in den Tetraeder hinein und zwei aus ihm heraus. Ähnliche Verhältnisse herrschen in einem Eiskristall, wobei Wasserstoffbrücken mit ihren zwei möglichen Protonenpositionen die Rolle der Spins im Spineis übernehmen.

Bei einer magnetischen Anregung des Kristalls dreht zunächst ein Spin seine Richtung um, sodass für zwei benachbarte Tetraeder die Spinbalance („zwei rein, zwei raus“) gestört ist. Indem weitere, benachbarte Spins umklappen, vergrößert sich der Abstand zwischen den beiden gestörten Tetraedern, wodurch sich ihre magnetische Coulomb-Anziehung verringert. Die beiden Störungen verhalten sich wie magnetische Monopole, die sich (nahezu) ungehindert im Kristall bewegen können, wie experimentelle Untersuchungen gezeigt haben.

Um die Ladung der magnetischen Monopole zu messen, griffen Bramwell und seine Kollegen auf eine Theorie von Lars Onsager für den Wien-Effekt in Elektrolyten zurück. In einem Elektrolyten lässt sich die Dissoziation der zunächst paarweise gebundenen positiven und negativen Ionen durch ein elektrisches Feld verstärken. Dadurch nimmt die Zahl der mobilen Ionen zu und mit ihr die Leitfähigkeit des Elektrolyten. Onsagers Theorie ermöglicht es, aus dem Zusammenhang zwischen Feldstärke und Leitfähigkeit die Ladung der Ionen zu bestimmen.

Ersetzt man die Ionen durch magnetische Monopole und das elektrische Feld durch ein magnetisches, so kann man mit Onsagers Theorie Informationen über die Monopolladung gewinnen. Allerdings muss man dazu die magnetische Leifähigkeit des Spineises bestimmen. Da man aber die Monopolströme im Spineis (noch) nicht direkt messen kann, mussten die Forscher indirekt vorgehen. Sie brachten die Spins durch ein Magnetfeld vorübergehend aus dem Gleichgewicht und beobachteten, wie sie aufgrund der Monopolströme wieder ins Gleichgewicht zurückkehrten. Je größer die magnetische Leitfähigkeit war, umso schneller erfolgte die Relaxation, die lokal anhand des Zerfalls von im Spineins eingebetteten Myonen gemessen wurde.

Auf diese Weise fanden die Forscher heraus, dass die Monopole die magnetische Ladung von 5 µB/Å oder 4,6 ×10-13 J T-1 m-1 trugen, was hervorragend mit der Vorhersage der Theorie von Castelnovo et al. übereinstimmt. Dieser Theorie zufolge sollte es möglich sein, gezielt Wechselströme aus magnetischen Monopolen durch das Spineis fließen zu lassen, sodass man vielleicht bald auch magnetische Schaltkreise herstellen könnte.

RAINER SCHARF

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