14.06.2018

Magnetisches Gummi

Neues Kompositmaterial ermöglicht komplexe Bewegungen wie Greifen, Kriechen und Springen.

Lichtpulse, Wärme, elektrische Felder – Viele Materialien reagieren auf eine äußere Stimu­lation, um gezielt ihre Form zu ändern. Für die Entwicklung kleiner Roboter wurden aus diesen bereits schwingende Flossen oder sich selbst zusammen­faltende Origami-Strukturen gefertigt. Am Massa­chusetts Institute of Technology in Cambridge ging nun die Forschergrupper um Xuanhe Zhao einen Schritt weiter. Sie entwickelte ein Komposit­material aus Silikon­gummi und magne­tischen Mikro­partikeln, mit dem deutlich komplexere Bewegungen möglich wurden. Struk­turiert mit einem 3D-Drucker entstand so eine neue Klasse weicher Roboter, die durch magnetische Felder gesteuert kontrolliert zugreifen, springen, rollen und kriechen konnten.

Abb.: Prototyp eines weichen, sternförmigen Magnetroboters aus dem 3D-Drucker. In der flexiblen Gummimischung werden magnetische, gezielt ausgerichtete Mikropartikel von einem äußeren Magnetfeld entweder angezogen oder abgestoßen. (Bild: F. Frankel / MIT)

Zhao und Kollegen fanden ein Rezept für eine ausge­klügelte Material­mischung, das vorwiegend aus Silikon­gummi und Mikropartikeln aus einer ferro­magnetischen Neodym-Eisen-Bor-Legierung bestand. In die flüssige, noch nicht poly­merisierte Kunststoff­substanz mischten die Forscher die etwa fünf Mikro­meter durch­messenden Metall­teilchen, die insgesamt einen Volumen­anteil von gut 20 Prozent einnahmen. Ein weiterer, geringer Zusatz von 20 bis 30 Nanometer kleinen Silizium­dioxid-Partikel verbesserte die Fließ­eigenschaften dieser Material­mischung. Darauf wurden mit starken Magnet­pulsen von bis zu 2,7 Tesla die Metallpartikel vorab magne­tisiert.

Im folgenden Schritt füllten die Forscher diese Flüssig­keit in einen 3D-Drucker. Sie konnte durch feine, konische Düsen mit Durch­messern zwischen 200 und 410 Mikrometern in zuvor bestimmte Bereiche auf eine Unterlage fein dosiert gespritzt werden. Um die Drucker­düse herum montierten die Forscher einen Elektro­magneten. Mit dessen Magnet­feld von 50 bis einigen hundert Millitesla Stärke ließen sich während des Druck­vorgangs die magne­tischen Mikro­partikel exakt ausrichten. Nach der einstündigen, vernet­zenden Polyme­risierung des gedruckten Silikon­masse bei 120 Grad Celsius bildeten die Mikro­partikel genau definierte Areale mit jeweils unter­schiedlich ausge­richteter magne­tischer Pola­risierung.

Mit diesem Druck­verfahren fertigten die Wissen­schaftler teils flache, teils aus mehreren Druck­schichten aufgebaute, dreidi­mensionale Prototypen aus dem magnetischen Gummi. Je nach Ausrichtung der Mikro­partikel wurden einzelne Bereiche dieser Strukturen von einem externen Magnet­feld angezogen oder abge­stoßen. „Mit unserer neuen Methode können wir weiche Materialien drucken, die sich mit Magnetfeldern schnell, reversibel und schnurlos zu komplexen, drei­dimensionalen Strukturen verformen lassen“, sagt Xuanhe Zhao.

Abb.: Das magnetische Kompositmaterial ermöglicht zahlreiche über Magnetfelder gesteuerte Objekte, die komplexe Bewegungen ausführen können. (Video: MIT)

So enstand eine Vielzahl magne­tisch steuer­barer Gummi-Roboter: Eine sternförmige, flache Folie etwa griff binnen Bruch­teilen einer Sekunde eine rollende Kugel auf, eine drei­dimensionale Wabenstruktur zog sich ebenso­schnell zusammen. Mit rotie­renden Magnet­feldern brachte Zhao einen anderen gedruckten Prototyp – vergleich­bar mit einem Seestern mit sechs Armen – zum Kriechen, ein weiterer Gummi­roboter vollführte bei raschen Wechseln des Magnetfelds und angetrieben von den Rückstell­kräfte des gedehnten Gummis kleine Sprünge.

Die Forscher designten ihre Proto­typen mit unter­schiedlichen ausge­richteten, magne­tischen Bereichen mit einer speziellen Software. „Im Unter­schied zu früheren Methoden können wir magnetische Pola­ritäten direkt in komplexen 3D-Strukturen erzeugen“, sagt Zhao. Dadurch ließen sich die mit einem externen Magnet­feld ange­regten Bewe­gungen der gesamten gedruckten Struktur exakt planen. Dieser neue Ansatz für die Fertigung magnetisch kontrollier­barer Strukturen könnte zu zahl­reichen Anwen­dungen führen. Dazu zählen etwa magnetische, weiche Greifarme für Roboter, flexibel bewegliche Elektronik­module mit inte­grierten Sensoren und Leucht­dioden oder auch schnurlos steuerbare Instrumente in der Medizin­technik.

Jan Oliver Löfken

JOL

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen