31.01.2013

Magnetisches Nanoschachbrett baut sich von selbst zusammen

Forscher manipulieren gezielt Quanteneigenschaften magnetischer Moleküle.

Forscher des Paul Scherrer Instituts und des Indian Institute of Science Education and Research (Pune, Indien) haben eine regelmässige Anordnung winziger Magnete in einer Ebene hergestellt und konnten darin gezielt in jedem zweiten den Magnetismus „abschalten“ – und damit seinen Quantenzustand manipulieren. So entstand ein „Schachbrett“ im Nanomassstab, dessen Felder abwechselnd verschiedene magnetische Eigenschaften hatten, z.B. „magnetisch“ und „unmagnetisch“. Konkret haben die Forscher mit flachen, etwa 1 Nanometer grossen, organischen Molekülen gearbeitet, in deren Mitte sich jeweils ein einzelnes magnetisches Metallatom befand – Eisen oder Mangan. Dieses machte das Molekül zu einem winzigen Magneten, der wesentlich kleiner ist als ein magnetisches Bit in einer Computerfestplatte, das aus mehr als einer Million magnetischer Atome besteht. Damit der magnetische Zustand in den Molekülen stabil blieb, wurden sie auf eine magnetische Kobaltoberfläche aufgedampft. Die Kobaltoberfläche zwang den Molekülen eine bestimmte Magnetisierungsrichtung auf.

Abb.: Schematische Darstellung des Schaltvorgangs im magnetischen Nanoschachbrett. Der Magnetismus (dargestellt durch die roten Pfeile) lässt sich selektiv auf der Hälfte des Nanoschachbretts schalten. (Bild: PSI)


Da die Moleküle jeweils nur ein magnetisches Atom besitzen, sind sie so klein, dass sie den Gesetzen der Quantenphysik unterworfen sind. Das Verständnis solcher Quantenobjekte und deren Manipulation sind Voraussetzung für die Entwicklung von Quantencomputern, die manche Berechnungen wesentlich schneller durchführen könnten als heutige Geräte.
Bisher wurden die magnetischen Atome höchst aufwändig Atom für Atom angeordnet. Die PSI-Forscher Jan Nowakowski und Christian Wäckerlin haben die magnetischen Atome in Moleküle eingebaut und diese Moleküle so konstruiert, dass sie sich auf der Oberfläche von selbst abwechselnd so anordnen, dass ein Schachbrettmuster entsteht. Das magnetische Nanoschachbrett kann sich also von selbst zusammenbauen.

Abb.: Die PSI-Forscher Jan Nowakowski (links) und Christian Wäckerlin in der Halle der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS. Nowakowski hält einen „Vakuum-Koffer“, in dem die Proben für die Untersuchung zur SLS transportiert werden, Wäckerlin das Modell eines der verwendeten Moleküle. (Bild: PSI/Markus Fischer)

Als die Moleküle dann Ammoniakgas aussetzt wurden, verband sich mit jedem der Metallatome ein Ammoniak-Molekül. Dadurch wurde das mit Ammoniak verbundene Eisenatom unmagnetisch; der Magnetismus des Mangans veränderte sich nur unwesentlich. Somit wurde bei jedem zweiten der Moleküle im Nanoschachbrett der Quantenzustand von „magnetisch“ in „unmagnetisch“ umgewandelt. Mit einem Rastertunnelmikroskop lässt sich das Nanoschachbrett abbilden und die magnetischen Eigenschaften lassen sich mit dem Licht der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des PSI studieren. Erwärmt man das ganze System etwas, lösen sich die Ammoniakmoleküle wieder und der ursprüngliche Zustand ist wieder hergestellt. Damit ist es natürlich noch ein sehr weiter Weg zu einem tatsächlichen Quantencomputer, insbesondere fehlt die ebenfalls wichtige Kopplung und Verschränkung der Quantenzustände. Aber die Wissenschaftler führten vor, wie man in einem einfachen, hochgradig geordneten System die Eigenschaften von sehr vielen Atomen reproduzierbar schalten kann.
Greifbarer sind andere Anwendungen – man könnte das magnetische Schachbrett zum Beispiel für einen Ammoniak-Sensor verwenden. Dadurch dass nach dem Bedampfen mit Ammoniak nicht mehr jedes, sondern nur jedes zweite Molekül magnetisch ist, ändert sich auch die Art wie die Anordnung auf Licht reagiert. Diese Änderung liesse sich mit einer recht einfachen Lichtquelle nachweisen. Und damit würde man auch sehen, dass Ammoniak in der Luft vorhanden ist.

PSI/CT

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