Magnetooptische Molekülfalle
Erstmals wurden zweiatomige Moleküle optisch auf sehr tiefe Temperaturen gekühlt.
In einer magnetooptischen Falle lassen sich Atome mit Laserlicht festhalten und zugleich effizient kühlen. Für Moleküle schien das aufgrund ihrer vielfältigen Anregungsmöglichkeiten bisher nicht praktikabel. Doch jetzt haben Forscher um David DeMille von der Yale University eine magnetooptische Falle für zweiatomige Moleküle gebaut. Mit ihr konnten sie einige hundert Moleküle auf 2,5 Millikelvin kühlen.
Abb.: Die magnetooptische Molekülfalle fängt SrF-Moleküle, die zunächst von einem Laserstrahl (grün) abgebremst werden mit mehreren Laserstrahlen (rot) und kühlt auf sie auf 2,5 Millikevin ab. Das für die Falle benötigte ortsabhängige Magnetfeld wird durch zwei gegensinnig durchströmte Helmholtz-Spulen erzeugt. (Bild: J. F. Barry et al.)
Magnetooptische Fallen haben die Tieftemperaturexperimente in der Atomphysik revolutioniert und die Erzeugung atomarer Bose-Einstein-Kondensate erst möglich gemacht. Die Atome werden in einer solchen Falle durch Laserlicht zugleich festgehalten und gekühlt. Dazu bestrahlt man sie aus sechs Raumrichtungen mit Laserstrahlen, deren Frequenz rotverstimmt gegen eine bestimmte atomare Anregungsfrequenz ist. Fliegt ein Atom einem Strahl entgegen, erhöht sich dessen Frequenz durch den Doppler-Effekt, sodass das Atom ein Laserphoton absorbieren kann und durch den Rückstoß abgebremst wird. Es verliert Bewegungsenergie, woran auch die anschließende Spontanemission eines Photons nichts ändert. Dieser Zyklus muss sich sehr oft wiederholen, ehe das Atom (fast) zur Ruhe kommt.
Die Laserkühlung kann jedoch nicht verhindern, dass sich die Atome langsam davon bewegen. Man unterbindet dies, indem man die Wirkung der Laserstrahlen auf die Atome ortsabhängig macht. Dazu bringt man sie in ein ortsabhängiges Magnetfeld, das die atomare Anregungsfrequenz aufgrund des Zeeman-Effekts unterschiedlich stark aufspaltet. Sind die Laserstrahlen zirkular polarisiert, so kann das Atom keine Laserphotonen absorbieren, wenn es im Zentrum der Falle ist, wo das Magnetfeld verschwindet. Hingegen ist die Absorption umso stärker, je weiter sich das Atom vom Zentrum entfernt. So erreicht man, dass sich die Atome im Zentrum der Falle tiefgekühlt sammeln.
Der Bau einer leistungsfähigen magnetooptischen Molekülfalle scheiterte bisher daran, dass selbst einfache Moleküle aufgrund ihrer Schwingungs- und Rotationsfreiheitsgrade eine Vielfalt von Zuständen und Anregungsmöglichkeiten haben. Dadurch erschwert sich die Auswahl von Anregungen, mit deren Hilfe sich ein Molekül festhalten und kühlen lässt. David DeMille und seine Kollegen haben jetzt für das zweiatomige Molekül Strontiummonofluorid (SrF) solche Zustände aufgespürt. Da die Zahl der benötigten angeregten Zustände relativ klein ist, reichen für die magnetooptische Falle Laserstrahlen mit vier verschiedenen Frequenzen, sodass die Falle nicht zu kompliziert ist.
Abb.: Wurde das Zentrum der Falle plötzlich um 5 Millimeter verschoben, so vollführte die Molekülwolke gedämpfte Schwingungen, aus denen sich wichtige Eigenschaften des Fallenpotentials ableiten ließen. Die Bildreihen zeigen die über 1600 Laserpulse gemittelten Fluoreszenzaufnahmen der Wolke (oben) bzw. die entsprechende gaußsche Näherung (unten). (Bild: J. F. Barry et al.)
Während bei magnetooptischen Atomfallen die verwendeten Ausgangszustände einen kleineren Gesamtdrehimpuls haben als die benutzten angeregten Zustände, ist es bei der neuen Molekülfalle genau umgekehrt. Dadurch stehen bei der gezielten Anregung des Moleküls weniger angeregte Zustände als Ausgangszustände zur Verfügung. Dies wiederum hat zur Folge, dass die angeregten Moleküle relativ wenige Möglichkeiten haben, aus dem Kühlzyklus auszubrechen und in andere, unerwünschte Zustände überzugehen. Allerdings wird dadurch auch der auf die Moleküle wirkende Strahlungsdruck schwächer.
Was ihre Molekülfalle kann, demonstrierten DeMille und seine Kollegen in bahnbrechenden Experimenten. Nach etwa einer Million Kühlzyklen saßen 300 Moleküle in der Falle, die 2,5 Millikelvin kalt war. Diese Temperatur lag deutlich unter derjenigen, die man bei früheren Experimenten in Garching durch Sisyphuskühlung von CH3F-Molekülen erreicht hatte. Sie war allerdings noch weit entfernt von den Mikrokelvin-Temperaturen, die magnetooptische Atomfallen erreichen. Daran ist der schon erwähnte geringe Strahlungsdruck schuld.
Die Forscher zählten die Moleküle in der Falle, indem sie sie mit gepulstem Laserlicht zur Fluoreszenz anregten. Die Temperatur bestimmten sie dadurch, dass sie einerseits die räumliche Verteilung der Moleküle in der Falle studierten und andererseits beobachteten, wie die Moleküle nach Abschalten der Falle davonflogen. Doch auch aus der angeschalteten Falle entwichen die Moleküle nach kurzer Zeit. Ihre Lebensdauer betrug nur 56 Millisekunden und war damit viel kürzer als die Entweichzeit der Atome in einer Atomfalle. Dies lag daran, dass die thermische Energie der Moleküle groß war im Vergleich zur Tiefe des Fallenpotentials – wiederum eine Folge des geringen Strahlungsdrucks. Dadurch ließ sich die Temperatur der Moleküle in der Falle auch nicht durch Abdampfen der schnellen Teilchen verringern.
DeMille und seine Kollegen sind jedoch zuversichtlich, dass sie ihre Molekülfalle noch wesentlich verbessern können. So sollte sich die Zahl der gefangenen Moleküle noch deutlich erhöhen lassen. Dank der Falle werden Experimenten mit ultrakalten Molekülen möglich, von denen Forscher interessante Ergebnisse erwarten. So können Moleküle ein starkes elektrisches Dipolmoment besitzen, das einem Kondensat aus ultrakalten Molekülen neuartige Eigenschaften verleiht. Außerdem könnte man mit ultrakalten Molekülen Präzisionsexperimente durchführen, etwa zum Nachweis eines elektrischen Dipols für das Elektron. Auch an solchen Experimenten arbeiten DeMille und seine Mitarbeiter.
Rainer Scharf
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