12.03.2018

Magnetspeicher aus Chromiodid

Tiefgekühltes, zweidimensionales Material lässt sich elektrisch zwischen antiferromagnetisch und magnetisch schalten.

Extrem gute Leitfähigkeit, hohe Stabilität oder effizienter Katalysator: In zwei­dimensionalen Materialien offenbaren sich immer mehr verblüffende Eigenschaften. An der amerikanischen Cornell University in Ithaka gelang es nun, die magnetischen Eigenschaften einer Chromiodid-Doppelschicht mit elektrischen Felder kontrolliert zu schalten. Die Forscher um Kin Fai Mak versprechen sich davon den Einsteig in eine neue Klasse von Magnet­speichern, die sowohl mit wenig Material als auch geringem Energie­einsatz zu neuartigen Fest­platten führen könnten.

Abb.: Eine tiefgekühlte Chromiodid-Doppelschicht wandelt sich in einem schwachen elektrischen Feld von einem Antiferromagneten (oben) in einen Ferromagneten (unten). (Bild: K. F. Mak et al., Cornell Univ.)

Magnete reagieren in der Regel kaum auf elektrische Felder. Doch van-der-Waals-Magnete mit einer zwei­dimensionalen Struktur öffneten die Tür für eine elektrische Kontrolle des Magnetismus auf der Nanoskala. Kin Fai Mak und Kollegen wählten für ihre Experimente Chromiodid, ein Kristall mit einer rhombo­edrischen Struktur. In Schichten angeordnet umgibt sich jedes Chrom­atom mit jeweils sechs Iod­atomen, so dass ein waben­ähnliches Muster entsteht. Bisher wird Chrom­iodid als Ausgangs­substanz für die Herstellung von reinem Chrom genutzt. Doch in dünnen Schichten angeordnet, zeigt es viel versprechende magnetische Eigenschaften.

Mak und seine Kollegen vom Kavli Institute at Cornell for Nanoscale Science schälten für ihre Experimente Doppel­schichten aus Chrom­iodid von einem größeren Fest­körper ab. Je eine Doppel­schicht umhüllten sie zuerst mit zwei­dimensionalen Lagen aus Bor­nitrid und deponierten auf diese elektrisch leit­fähigen Schichten aus Graphen. So entstand ein etwa 40 Nanometer dünnes Sandwich, dessen magnetischen und elektrischen Eigenschaften sich genauer untersuchen ließen. „Konventionelle magneto­elektrische Materialien reagieren nur sehr schwach auf elektrische Spannungen und die magnetischen Zustände können nicht geschaltet werden“, sagt Mak. „Daher haben wir die Dicke des geschichteten Materials bis auf die atomare Skala geschrumpft.“

Für ihre Analysen nutzten die Forscher den magnetisch zirkularen Dichroismus (MCD) der Probe. Abhängig von den magnetischen Eigenschaften verändert sich dabei das Absorptions­verhalten von zirkular polarisertem Licht. Die Messungen ergaben, dass die Chrom­iodid-Doppel­schicht ohne anliegendes elektrisches Feld einen Antiferro­magneten bildete. Die magnetischen Momente der Chrom­atome waren jeweils paarweise genau in die entgegen­gesetze Richtung ausgerichtet und hoben sich makro­skopisch betrachtet gegenseitig auf. Wirkte ein elektrisches Feld mit knapp einem Volt pro Nano­meter auf die dünne, kristalline Struktur, änderte sich diese Ausrichtung und alle magnetischen Momente zeigten in die gleiche Richtung; das Material wechselte in einen ferro­magnetischen Zustand.

Dieser Wechsel zwischen einer antiferro­magnetischen und ferro­magnetischen Phase lässt sich prinzipiell zum Speichern von digitalen Daten nutzen. Dieses Kunststück beherrschte allerdings nur eine Chromiodid-Doppelschicht. Sowohl dickere als auch dünnere Schichten zeigten diesen Wechsel der magnetischen Eigenschaften nicht. Zudem war es nötig, die Chromiodid-Doppel­schicht auf mindestens fünfzig Kelvin abzukühlen. In den Versuchen zeigten sich, dass mit bis auf vier Kelvin abnehmende Temperatur die Sprünge zwischen antiferro­magnetisch und ferro­magnetisch zunehmend stärker ausprägten.

Den mikroskopischen Mechanismus für diesen relativ starken, linearen magneto­elektrischen Effekt konnten die Wissenschaftler bisher nicht klären. Für plausibel halten sie einen Ladungs­transfer zwischen der oberen und der unteren Chromiodid-Schicht. Eine elektrisch schaltbare Chromiodid-Festplatte, die mit deutlich weniger Material als heutige Fest­platten und kleinen elektrischen Feldern auskäme, wird trotzdem nicht so bald kommen. Denn bisher konnten die Forscher den magneto­elektrischen Effekt nur bei tiefkalten Temperaturen unter fünfzig Kelvin nachweisen. „Derzeit arbeiten wir an verschiedenen Methoden und einem neuen Material­design für Doppel­schichten, um die Arbeits­temperatur weiter zu steigern“, sagt Mak. „Und das hoffentlich bis zur Raum­temperatur.“

Jan Oliver Löfken

DE

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