19.01.2018

Maschinelles Lernen im Quantenlabor

Lernfähiges Programm entwirft eigen­ständig Quanten­experi­mente.

In unseren Taschen stecken Smartphones, auf den Straßen fahren intel­li­gente Autos, Experi­mente im Forschungs­labor aber werden immer noch aus­schließ­lich von Menschen erdacht. Das könnte sich bald ändern. Quanten­physiker der Uni Inns­bruck um Hans Briegel beschäf­tigen sich unter anderem mit der grund­sätz­lichen Frage, inwie­weit Maschinen selbst­ständig experi­men­tieren können. Dazu nutzen die Forscher ein von der Gruppe ent­wickel­tes Modell für künst­liche Intel­ligenz, das einer Maschine ein­fache Formen krea­tiven Ver­haltens ermög­lichen soll. Das Gedächt­nis dieser auto­nomen Maschine speichert viele ein­zelne Erfah­rungs­frag­mente, die netz­werk­artig mit­ein­ander ver­bunden sind. Ist die Maschine mit einem bestimmten Ereig­nis kon­fron­tiert, werden in einer Zufalls­bewe­gung damit zusam­men­hän­gende Erin­ne­rungen abge­rufen. Sowohl aus Erfolg als auch aus Miss­erfolg lernt die Maschine und passt ihr Netz­werk ent­spre­chend an. Gleich­zeitig kann sie selbst neue Szena­rien erzeugen und diese aus­pro­bieren.

Abb.: Der künstliche Agent stellt aus opti­schen Ele­men­ten wie diesem Strahl­teiler neue und opti­mierte physi­ka­lische Experi­mente zusammen. (Bild: H. Ritsch, U. Innsbruck)

Das Team der Uni Innsbruck hat sich jetzt mit Kollegen der Uni Wien um Anton Zeilinger zusammen­getan. Diese hatten mit­hilfe des Algo­rithmus Melvin bereits die Nütz­lich­keit von auto­mati­siertem Design von Quanten­experi­menten zeigen können, wobei einige vom Computer inspi­rierten Experi­mente auch schon in den Labors von Zeilinger umge­setzt wurden. Durch die Anwen­dung des Lern­modells der pro­jek­tiven Simu­la­tion konnten die Wissen­schaftler gemein­sam zeigen, dass diese Um­ge­bung ideal dafür geeignet ist, das Poten­zial maschi­nellen Lernens in Quanten­experi­menten zu unter­suchen.

Am Anfang steht ein leerer Labortisch für photo­nische Quanten­experi­mente. Der künst­liche Agent ver­sucht nun neue Experi­mente zu ent­wickeln, indem er Spiegel, Prismen oder Strahl­teiler virtu­ell auf dem Tisch anbringt. Führen seine Aktionen zu einem sinn­vollen Ergeb­nis, merkt der Agent sich das und greift bei späteren Ver­suchen wieder darauf zurück. „Dieses bestär­kende Lernen unter­scheidet unser Modell von einer auto­ma­tischen Suche, die immer durch ein zufäl­liges Ver­halten gesteuert ist“, erklärt Alexey Melnikov von der Uni Inns­bruck. „Der künst­liche Agent führt auf dem virtu­ellen Labor­tisch Zehn­tausende von Experi­menten durch. Wenn wir im Gedächtnis der Maschine die Ergeb­nisse analy­sieren, sehen wir, dass sich bestimmte Struk­turen ent­wickelt haben“, erklärt sein Kollege Hendrik Poulsen Nautrup. Einige dieser Struk­turen sind den Physikern bereits als nütz­liche Werk­zeuge aus modernen quanten­optischen Labors bekannt. Andere sind völlig neu und könnten in Zukunft im Labor zum Ein­satz kommen. „Während die auto­ma­tische Suche mit jeder Lösung zu­frieden ist, sucht die intel­li­gente Maschine immer den besten Weg, wie etwas umge­setzt werden kann, und gene­riert so opti­mierte Experi­mente“, ver­deut­licht Alexey Melnikov. „Und manch­mal liefert sie auch Ant­worten auf Fragen, die wir gar nicht gestellt haben.“

In Zukunft wollen die Wissenschaftler das lernfähige Programm noch weiter aus­bauen. Zur­zeit ist die Maschine noch darauf getrimmt, ein­zelne Probleme selbst­ständig zu lösen. Aber damit ist sie weiter­hin nur ein Werk­zeug, das von Wissen­schaftlern gezielt ein­ge­setzt werden muss. Kann eine Maschine aber auch mehr als nur ein Werk­zeug sein? Wird die Maschine der Zukunft eine kreati­vere Rolle an der Seite des Wissen­schaftlers spielen? Dies sind die Fragen, die sich die Wissen­schaftler stellen und nur die Zukunft wird zeigen, welche Rolle die künst­liche Intel­li­genz tat­säch­lich im Labor spielen wird.

U. Innsbruck / RK

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