Maßgeschneiderter Lichtstrahl als Pinzette
Optimierung der Wellenform erleichtert Manipulation kleiner Objekte mit Licht.
Optische Pinzetten werden heute dafür verwendet, Moleküle oder kleine biologische Partikel zu manipulieren. Sogar Viren oder Zellen können damit festgehalten oder gezielt bewegt werden. Allerdings funktionieren die Lichtpinzetten nur, wenn sich das festgehaltene Objekt im leeren Raum befindet. Jede störende Umgebung würde die Lichtwellen ablenken und den Effekt kaputtmachen. Gerade bei biologischen Proben ist das ein Problem, denn sie sind meistens in eine räumlich sehr komplexe Umgebung eingebettet.
An der TU Wien wurde jetzt gezeigt, wie man aus dieser Not eine Tugend machen kann: Forscher entwickelten eine spezielle Rechenmethode, um die optimale Lichtwellenform zu ermitteln, mit der man kleine Teilchen in Anwesenheit einer störenden Umgebung manipulieren kann. So wird es möglich, einzelne biologische Teilchen im Inneren einer Probe festzuhalten, sie zu bewegen oder zu drehen – auch wenn man sie nicht direkt berühren kann. Mit Mikrowellen-
„Laserstrahlen zur Manipulation von Materie einzusetzen, ist längst nichts Ungewöhnliches mehr“, erklärt Stefan Rotter von der TU Wien. Doch Lichtwellen sind empfindlich: In einer ungeordneten, unregelmäßigen Umgebung können sie auf hochkomplizierte Weise abgelenkt und in alle Richtungen gestreut werden. Aus einer völlig regelmäßigen Lichtwelle wird dann ein wirres, ungeordnetes Wellenmuster. Die Wirkung auf ein bestimmtes Partikel, das man manipulieren möchte, kann sich dadurch völlig verändern.
„Diesen Streueffekt kann man jedoch kompensieren“, erklärt Michael Horodynski von der TU Wien. „Im Speziellen berechnen wir, wie man die Welle anfangs formen muss, damit sie von den Unregelmäßigkeiten einer ungeordneten Umgebung genau in die Form gebracht wird, die wir wollen.“ Die Lichtwelle sieht in diesem Fall zunächst also recht ungeordnet und chaotisch aus, wird durch die ungeordnete Umgebung aber zu etwas Geordnetem. Die vielen kleinen Störungen, die normalerweise das Experiment unmöglich machen, nützt man hier aus, um genau die gewünschte Wellenform zu erzeugen, die dann an einem bestimmten Partikel ihre Wirkung entfaltet.
Damit das gelingt, wird das Partikel samt seiner ungeordneten Umgebung zunächst mit verschiedenen Wellen beleuchtet. Dabei misst man, auf welche Weise die Wellen reflektiert werden. Diese Messung führt man zweimal kurz hintereinander durch. „Angenommen, in der kurzen Zeit zwischen den beiden Messungen bleibt die ungeordnete Umgebung ziemlich gleich, während sich das Partikel, das wir manipulieren wollen, ein kleines bisschen verändert“, sagt Rotter. „Denken wir etwa an eine Zelle, die sich bewegt oder einfach nur ein winziges Stück nach unten sinkt. Dann wird die Lichtwelle, die wir hineinschicken, bei der zweiten Messung ein kleines bisschen anders reflektiert als beim ersten Mal.“ Und genau dieser winzige Unterschied ist entscheidend: Mit der neuen Rechenmethode des Forscherteams kann man daraus berechnen, welche Welle man verwenden muss, um diese Partikelbewegung zu verstärken oder abzuschwächen.
„Wenn das Partikel langsam nach unten sinkt, können wir eine Welle berechnen, die dieses Absinken verhindert, oder das Partikel noch schneller absinken lässt“, sagt Rotter. „Wenn sich das Partikel ein kleines bisschen dreht, dann können wir eine Welle berechnen, die den maximalen Drehimpuls überträgt – wir bringen somit das Partikel dann mit einer speziell geformten Lichtwelle zum Rotieren, ohne es direkt zu berühren.“
Gemeinsam mit Projektpartnern an der Uni Nizza konnte das Team die Rechenmethode in der Praxis umsetzen. Dabei verwendeten die Forscher zufällig angeordnete Teflon-
TU Wien / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung:
M. Horodynski et al.: Optimal wave fields for micromanipulation in complex scattering environments, Nat. Photonics, online 18. November 2019; DOI: 10.1038/s41566-019-0550-z - Komplexe Streuung (S. Rotter), Institut für theoretische Physik, Technische Universität Wien, Österreich