Matrixtheorie als Ursprung von Raumzeit und Kosmologie
Zeit-Dimension erscheint vor dem Urknall als raumartige Dimension.
Die Quantentheorie bildet die Grundlage der modernen Physik. Eine konsistente quantenmechanische Theorie der Gravitation bleibt trotz intensiver Bemühungen eines der großen offenen Probleme der theoretischen Physik. Der Kern des Problems besteht darin, dass auch die Raumzeit eine Quantenstruktur aufweisen muss, für die erst geeignete mathematische Modelle und Theorien entwickelt werden müssen. Wissenschaftler der Uni Wien um Harold Steinacker erforschen die Matrixtheorie als Alternative zur Stringtheorie, um einen möglichen Mechanismus für den Urknall zu beschreiben. Die Forscher haben jetzt eine Lösung der Matrixtheorie gefunden, die nicht nur eine plausible kosmologische Raumzeit beschreibt, sondern zugleich einen möglichen Mechanismus für den Urknall und eine mögliche Antwort auf die Frage nach der Zeit davor bietet.
Abb.: Schematische Illustration der quantisierten kosmologischen Raumzeit, mit Urknall (BB), Zeitrichtung (t) und Raumrichtung (x; Bild: H. Steinacker, U. Wien)
„In unserem Modell signalisiert der Urknall den Anfang der Zeit, der Raum erstreckt sich aber auch davor, wobei die Zeit-
Die zugrundeliegenden Matrixmodelle wurden 1996 von Forschern aus Japan und den USA eingeführt und sind verwandt mit der Stringtheorie. Dabei sind alle physikalischen Objekte und deren Dynamik in wenigen Matrizen kodiert und beschrieben, insbesondere auch die Raumzeit und deren Geometrie. Die Modelle ermöglichen es, tiefliegende Fragen etwa über die Quantenstruktur der Raumzeit oder die Zahl der Dimensionen unserer Raumzeit zu untersuchen. Eines dieser Modelle steht im Fokus der Forschergruppe um Steinacker.
Um die Tragfähigkeit des Modells zu klären, musste das Team Modelle finden, die die wesentlichen Eigenschaften der kosmologischen Raumzeit aufweisen. „Unsere Lösungen kommen der beobachteten Kosmologie zumindest nahe. Somit können auch tiefer gehende Fragen nach der Struktur von Raum und Zeit im Rahmen von Matrixmodellen sinnvoll gestellt und untersucht werden", erklärt Steinacker. Die gefundenen Lösungen stellen allerdings nur eine Ausgangsbasis dar. Die daraus resultierenden detaillierten physikalischen Vorhersagen müssen weiter dahingehend untersucht werden, ob und wie weit sich darin die bekannte Physik wiederfindet. „Die wesentlichen Bausteine dafür sind im Modell vorhanden, dennoch muss das diskutierte Szenario derzeit noch als spekulativ bezeichnet werden“, sagt der Wissenschaftler. Langfristiges Ziel sei es, darauf aufbauend weitergehende Vorhersagen treffen und überprüfen zu können. Die aktuelle Lösung bietet dafür jedenfalls einen vielversprechenden Ausgangspunkt.
Grundlage für diese Entwicklungen sind neue mathematische Methoden der Quantengeometrie, welche in den vergangenen Jahren insbesondere an der Uni Wien entwickelt und adaptiert wurden. Der Zugang über Matrixmodelle ermöglicht es dabei, Ideen der Stringtheorie aufzugreifen, deren Probleme aber zu vermeiden. Bis zu einem hinreichenden Verständnis dieser Matrixmodelle und ihrer physikalischen Tragweite bleibt aber noch viel zu tun.
U. Wien / RK