19.12.2013

Mehr Durchblick in der Lunge

Phasenkontrast-Röntgentomographie ermöglicht extrem detaillierte Bilder der Atmungsorgane.

Einzigartige Bilder aus dem Körperinneren einer lebenden Maus hat ein Team um den dänischen Physiker Martin Bech und  Franz Pfeiffer vom Lehrstuhl für Biomedizinische Physik der TU München aufgenommen. Mit einem eigens entwickelten Kleintierscanner führten die Forscher erstmals eine Phasenkontrast-Röntgenbild einer lebenden Maus durch. Dabei kamen detaillierte Bilder von Weichteilen des Tieres zum Vorschein. Diese ersten „in vivo“-Aufnahmen ebnen den Weg, das Verfahren künftig in Kliniken einzusetzen. Das Phasenkontrast-Röntgenbild eignet sich besonders gut für die Bildgebung von Atmungsorganen. Sie könnte daher künftig für die klinische Diagnostik von Lungenerkrankungen eingesetzt werden.

Abb.: Erste in-vivo Phasenkontrast-Röntgentomographie einer Maus. (Bild: M. Bech)

Seit einigen Jahren entwickeln Pfeiffer und seine Kollegen das Verfahren. Es könnte die Bildqualität für die medizinische Diagnostik entscheidend verbessern. Die Technologie basiert auf der Wellenveränderung von Röntgenstrahlung bei der Transmission durch Gewebe. Dabei wird das Phänomen ausgenutzt, dass Röntgenstrahlen beim Auftreffen auf Gewebe nicht nur absorbiert, sondern auch gebeugt werden. Dies bietet Vorteile gegenüber den traditionell absorptionsbasierten Techniken wie der Computertomographie. Im Vergleich zu konventionellen Röntgenaufnahmen liefern die durch das Phasenkontrastverfahren gewonnenen Bilder zusätzliche Informationen darüber, wie stark Strukturen im Körper die Strahlen ablenken.

Dies haben die Wissenschaftler um Bech genutzt und mit einem „Kleintierscanner“ erstmals eine lebende Maus untersucht. Das Gerät, ein weltweit einzigartiger Prototyp, entwickelten sie an der TU München mit Alexander Sasov von der Firma Bruker micro CT. Die Forscher untersuchten die Maus in einer speziell eingebauten Vorrichtung, ähnlich einem „Mäusebett“. Die Messung ergab drei komplementäre Röntgenaufnahmen: Ein konventionelles Röntgenbild, eine Phasenkontrastaufnahme, die auf der Strahlenbrechung basiert sowie eine Dunkelfeldaufnahme, die auf der Lichtstreuung beruht. Diese ersten „in vivo“-Aufnahmen liefern insgesamt wesentlich genauere Bildinformationen für die medizinische Diagnostik. Besonders gut konnte das Verfahren den Kontrast im Bereich der Atmungsorgane darstellen. Demnach eignet es sich besonders für die Diagnose von Lungenerkrankungen wie Lungenfibrose oder Lungenemphyseme. Besonders bemerkenswert an dem Ergebnis war, dass selbst Einflüsse wie die Atmung oder der Herzschlag der Maus während der Untersuchung die Bildgebung nicht wesentlich negativ beeinflussten.

Das Experiment ist ein weiterer großer Schritt in Richtung einer klinischen Anwendung der Phasenkontrast-Röntgentomographie. Die Ergebnisse der Wissenschaftler fließen in die Zusammenarbeit mit dem Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität ein. Dort untersuchen Physiker und Mediziner Zeit innerhalb des Exzellenzclusters Munich-Centre for Advanced Photonics (MAP), wie sich die röntgenbasierte Phasenkontrast-Bildgebung für Patienten einsetzen lässt und für welche Krankheitsbilder die neue Methodik den größten medizinischen Nutzen bietet. Erste klinische Studien an Gewebeproben haben bereits sehr positive Ergebnisse gezeigt; durch das Verfahren lässt sich insbesondere Weichteilgewebe gut darstellen. Ein weiterer Vorteil: Die hierfür benötigte Strahlung lässt sich nicht nur in großen Ringbeschleunigeranlagen, sondern auch mit konventioneller Röntgenstrahlung erzeugen. Die Wissenschaftler sind mit diesem Experiment einem künftigen klinischen Einsatz einen entscheidenden Schritt nähergekommen.

MAP / CT

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