Mehr Strom im Lithium-Ionen-Akku
Neue Erkenntnisse über Degradationsmechanismen sollen Ladekapazitäten erhöhen helfen.
Ein Durchbruch der Elektromobilität wird bislang unter anderem durch ungenügende Reichweiten der Fahrzeuge behindert. Helfen könnten Lithium-Ionen-Akkus mit einer größeren Ladekapazität. „Wir sind dabei, solche Hochenergie-Systeme zu entwickeln“, sagt Helmut Ehrenberg, Leiter des Instituts für Angewandte Materialien – Energiespeichersysteme am Karlsruher Institut für Technologie KIT. „Auf Basis eines grundlegenden Verständnisses der elektrochemischen Vorgänge in den Batterien sowie durch den innovativen Einsatz von neuen Materialien lässt sich die Speicherkapazität von Lithium-Ionen-Akkus nach unserer Einschätzung um bis zu dreißig Prozent erhöhen.“ Am KIT läuft diese Forschung im Rahmen des Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe (CELEST), der größten deutschen Forschungsplattform für elektrochemische Speicher.
Die Hochenergievariante der Lithium-Ionen-Technologie unterscheidet sich von der herkömmlichen durch ein spezifisches Kathodenmaterial: Während bislang überwiegend Schichtoxide mit unterschiedlichen Verhältnissen von Nickel, Mangan und Kobalt eingesetzt werden, kommen nun manganreiche Materialien mit Lithium-Überschuss zum Einsatz, was die Energiespeicherfähigkeit pro Volumen oder Masse Kathodenmaterial deutlich erhöht. Allerdings gibt es beim Einsatz dieser Materialien bislang noch ein Problem: Bei der Ein- und Auslagerung von Lithium-Ionen degradiert das Hochenergie-Kathodenmaterial. Das Schichtoxid wandelt sich nach einiger Zeit in eine Kristallstruktur mit sehr ungünstigen elektrochemischen Eigenschaften um. Als unerwünschte Folge sinkt die mittlere Lade- und Entladespannung von Beginn an, was die Entwicklung von brauchbaren Hochenergie-Lithium-Ionen-Akkus bislang verhinderte.
Wie genau dieser Degradationsprozess abläuft, war noch nicht vollständig verstanden. Ein Forscherteam am KIT und kooperierender Einrichtungen hat den grundlegenden Mechanismus nun ermittelt: „Auf Basis von detaillierten Untersuchungen des Hochenergie-Kathodenmaterials konnten wir zeigen, dass die Degradation nicht direkt, sondern indirekt über die Bildung einer bislang wenig beachteten lithiumhaltigen Kochsalzstruktur abläuft“, sagt Weibo Hua. Außerdem spiele Sauerstoff bei den Reaktionen eine entscheidende Rolle.
Doch neue Erkenntnisse über das Verhalten einer Batterietechnologie müssen nicht unbedingt direkt aus dem Degradationsprozess stammen: Ihre Entdeckung hatten Weibo und Kollegen anhand von Untersuchungen gewonnen, die während der Synthese des Kathodenmaterials durchgeführt wurden. Auf dem Weg zu Hochenergie-Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos stellen die Forschungsergebnisse einen wichtigen Schritt dar: Sie machen es möglich, nun neue Ansätze zur Minimierung der Degradation in den Schichtoxiden zu testen und in die eigentliche Entwicklungsarbeit zu diesem neuen Batterietyp einzusteigen.
KIT / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
W. Hua et al.: Structural insights into the formation and voltage degradation of lithium- and manganese-rich layered oxides, Nat. Commun. 10, 5365 (2019); DOI: 10.1038/s41467-019-13240-z - POLiS (Post Lithium Storage) Cluster of Excellence, Karlsruher Institut für Technologie KIT