11.12.2017

Meilenstein auf dem Weg zum Quantencomputer

Stabiles Quantengatter für Zwei-Quanten­bit-Systeme aus Silizium.

Quantencomputer reagieren weitaus empfindlicher auf Störungen von außen als klassische Rechner. Ein vor­ran­giges Ziel der Forschung ist deshalb, stabile Quanten­gatter zu schaffen. Wissen­schaftlern der Uni Konstanz, der Princeton Univer­sity und der Univer­sity of Mary­land gelang es jetzt, stabile Quanten­gatter für Zwei-Quanten­bit-Systeme zu erstellen. Ihr Quanten­gatter nutzt ein­zelne Silizium-Elek­tronen als Infor­mations­speicher und kann die Inter­aktion von zwei Quanten­bits präzise steuern und aus­lesen. Damit ist das Quanten­gatter in der Lage, alle not­wen­digen Grund­opera­tionen des Quanten­rechners zu voll­ziehen.

Abb.: Quantengatter aus zwei Silizium-Elek­tronen. Die Spins der beiden Elek­tronen werden durch zwei Nano-Elek­troden (VL und VR) kontrol­liert. Eine dritte Nano-Elek­trode (VM) koordi­niert die Inter­aktion beider Elek­tronen. (Bild: U. Konstanz)

Quantenbits verfügen neben Null und Eins über weitere Zustände und sind daher sehr viel komplexer in ihrer Umsetzung als ein­fache Digital­systeme. In der Forschung gibt es mehrere Ideen, wie ein Quanten­bit tech­nisch reali­siert werden könnte, beispiels­weise über Ionen oder supra­leitende Systeme. Das Team nutze dagegen den Elek­tronen­spin im Halb­leiter­material Silizium als Grund­lage des Quanten­bits.

Eine erste Leistung der Forscher war, aus den Milliarden von Atomen eines Silizium-Stücks ein ein­zelnes Elektron heraus­zu­lösen. „Das ist eine extreme Leistung, die da von unseren Kollegen aus Princeton voll­bracht wurde“, sagt Guido Burkard von der Uni Konstanz. Die Forscher nutzen eine Kombi­nation aus elektro­magne­tischer Anzie­hung und Absto­ßung, um ein ein­zelnes Elektron aus dem Elek­tronen­ver­bund zu sepa­rieren. Die heraus­ge­lösten Elek­tronen werden anschlie­ßend punkt­genau auf­ge­reiht und jeweils in eine Art Mulde ein­ge­bettet, wo sie in einem Schwebe­zustand gehalten werden.

Die nächste Herausforderung war, ein System zu entwickeln, mit dem der Spin der einzelnen Elek­tronen kontrol­liert werden kann. Die Guido Burkard und Maxi­milian Russ von der Uni Konstanz haben hierfür ein Ver­fahren ent­wickelt: An jedes Elektron wird jeweils eine Nano-Elektrode ange­legt. Mittels eines Magnet­feld­gradi­enten können die Forscher ein orts­abhän­giges Magnet­feld schaffen, mit dem sich die Elek­tronen einzeln ansteuern lassen, sie können dadurch den Spin der Elek­tronen steuern. Die Forscher haben damit stabile Ein-Quanten­bit-Systeme geschaffen, mit denen Infor­mation in Form von Elek­tron­spins gespei­chert und aus­ge­lesen werden kann.

Ein Quantenbit allein reicht jedoch noch nicht aus, um das grund­legende Schalt­system eines Quanten­computers zu erzeugen – hier­für sind zwei Quanten­bits nötig. Der ent­schei­dende Schritt zum Zwei-Quanten­bit-System bestand für die Forscher darin, die Zustände zweier Elek­tronen mit­ein­ander zu koppeln. Durch diese Ver­knüpfung lassen sich Schalt­systeme konstruieren, mit denen alle Grundoperationen des Quantenrechners ausgeführt werden können. Beispielsweise lässt sich das System so pro­gram­mieren, dass sich ein Elektron nur genau dann dreht, wenn sein benach­bartes Elektron einen Spin in eine vor­her­bestimmte Richtung auf­weist.

Die Wissenschaftler mussten folglich ein stabiles System schaffen, um die Spins zweier ein­zelner Elek­tronen mit­ein­ander zu ver­knüpfen. „Das war der wich­tigste und schwie­rigste Teil unserer Arbeit“, sagt Burkard. Die Forscher ent­wickelten ein Schalt­system, das die Spins von zwei Elek­tronen in gegen­seitiger Abhängig­keit koordi­niert. Zwischen den beiden Mulden, in denen die Silizium-Elek­tronen schweben, wird eine weitere Nano-Elektrode ange­bracht. Diese steuert die Schaltung der beiden Elek­tronen­spins. Damit gelang es den Forschern, eine stabile und funk­tions­fähige Grund­rechen­ein­heit für einen Quanten­computer zu reali­sieren. Die Fehler­sicher­heit liegt bei über 99 Prozent beim ein­zelnen Quanten­bit und bislang rund achtzig Prozent bei der Inter­aktion zweier Quanten­bits – wesent­lich stabiler und präziser als bis­herige Versuche.

Ausgangsmaterial des Quantengatters ist Silizium. „Ein magnetisch sehr ruhiges Material mit einer geringen Anzahl eigener Kern­spins“, fasst Burkard die Vorteile von Silizium zusammen. Wichtig bei dem gewählten Material ist, dass seine Atom­kerne nicht zu viele Spins mit sich bringen, welche die Quanten­bits stören könnten. Silizium weist mit einem Anteil von rund fünf Prozent eine extrem niedrige Spin-Akti­vität der Atom­kerne auf und ist daher in besonderem Maße geeignet. Ein weiterer Vorteil: Silizium ist das Standard­material der Halb­leiter­techno­logie und ent­spre­chend gut erforscht, so dass die Wissen­schaftler von lang­jährigen Erfah­rungen mit dem Material profi­tieren.

U. Konstanz / RK

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