Messen mit Magnetwirbeln
Neuartige Magnetfeldsensoren mit signifikant weniger Störsignalen.
Viele moderne technologische Anwendungen beruhen auf magnetischen Kräften, etwa um Bestandteile in Elektrofahrzeugen zu bewegen oder Daten auf Festplatten zu speichern. Magnetische Felder werden aber auch als Sensoren eingesetzt, um andere magnetische Felder nachzuweisen. Der Gesamtmarkt für Magnetfeldsensoren, die auf Halbleitertechnologie beruhen, umfasst derzeit gut eine Milliarde Euro und wächst massiv weiter. In der Automobilindustrie werden beispielsweise genauere Magnetfeldsensoren in ABS-Systemen eingesetzt, mit denen man auf den Reifendruck zurückschließen kann. Somit werden keine zusätzlichen Drucksensoren in den Reifen benötigt und Ressourcen und Kosten gespart. Der Einsatz neuer magnetoresistiver Sensortechnologien wie anisotroper Magnetowiderstand, Riesenmagnetowiderstand und Tunnelmagnetowiderstand wird vor allem durch ihre erhöhte Empfindlichkeit und verbesserte Integrationsfähigkeit vorangetrieben.
Abb.: Schema eines magnetischen Sensors, bei dem das magnetische Wandlerelement einen Wirbelzustand aufweist. (Bild: D. Suess et al.)
Das Herzstück neuartiger Magnetfeldsensoren ist ein mikrostrukturiertes ferromagnetisches Dünnschichtelement, das magnetische Signale umwandeln kann. Dieses Wandlerelement ändert sein elektrisches Verhalten, sobald ein Magnetfeld von außen angelegt wird: Seine magnetischen Dipole werden neu ausgerichtet und ändern damit den elektrischen Widerstand des Wandlerelements. Dieses Verhalten wird zur Bestimmung der Magnetfelder verwendet. Die Leistungsfähigkeit der Sensoren wird jedoch durch einige Faktoren erheblich eingeschränkt. Deren Ursachen und Zusammenhänge hat nun ein Team unter der Leitung von Dieter Süss in einer Kooperation zwischen der Universität Wien, der Donau Universität Krems und der Infineon AG im Rahmen des Christian Doppler Labors „Advanced Magnetic Sensing and Materials“ genau analysiert.
Die Wissenschafter zeigten durch Computersimulationen, die mittels Experimente validiert wurden, dass sowohl Störsignale, magnetisches Rauschen, als auch die Hysterese durch eine Neugestaltung des Wandlerelements deutlich reduziert werden können. Im neuen Design sind die atomaren magnetischen Dipole des Wandlerelements kreisförmig um ein Zentrum, ähnlich wie bei einem Wirbelsturm, ausgerichtet. Ein von außen angelegtes Magnetfeld ändert die Position des Zentrums dieses Wirbels, was wiederum direkt zu einer Änderung des elektrischen Widerstandes führt. „Diese Entwicklung zeigt die erste massentaugliche Anwendung von magnetischen Wirbelzuständen und eine signifikante Verbesserung gegenüber herkömmlichen Magnetsensoren“, sagt Süss.
Das Forschungsprojekt ist ein hervorragendes Beispiel, wo Grundlagenforschung und rein wissenschaftliche Fragestellungen, wie das Verhalten von magnetischen Wirbelstrukturen in äußeren Magnetfeldern, zu äußerst erfolgreichen Anwendungen führen können. „Voraussetzung dafür ist die Kooperation zwischen Wissenschaft und Industrie, wobei die Industrie sowohl die praktisch relevanten Fragestellungen bereitstellen als auch über technische Anlagen wie Reinräume für die Realisierung dieser aufwendigen Technologien verfügen“, sagt Süss.
U Wien / JOL