08.08.2012

Metamaterial mit außergewöhnlich negativem Brechungsindex

Kalte zweidimensionale Elektronengase in Halbleitern eröffnen neue Möglichkeiten.

Metamaterialien mit negativen Brechungsindizes eignen sich für eine ganze Reihe interessanter Anwendungen, vom Fokussieren unterhalb der Beugungsgrenze bis hin zu Tarnkappeneffekten. Forscher der Harvard-Universität haben nun eine Methode vorgestellt, Materialien mit außerordentlich großen negativen Brechungsindizes zu erzeugen. Ihr Ansatz beruht auf der Trägheit des zweidimensionalen Elektronengases in stark gekühlten Halbleitern. Diese Elektronen werden von elektromagnetischen Wellen kollektiv beschleunigt – gemäß der Newtonschen Bewegungsgleichung. Dies führt zu einer deutlichen „kinetischen Induktivität“, die wiederum im Mikrowellenbereich für große negative Brechungsindizes sorgt.

Abb.: Schematische Darstellung des Metamaterials (nicht maßstabsgetreu). Die elektromagnetische Welle läuft von links nach rechts. (Bild: Yoon et al., Nature)

Der Effekt der kinetischen Induktivität ist bereits für die Oberflächen-Plasmonen auf dreidimensionalen Metallen beschrieben worden. Das nun vorgeschlagene zweidimensionale Elektronengas besitzt aber eine deutlich größere kinetische Induktivität. Bei einer Frequenz im Gigahertzbereich erlaubt diese je nach Geometrie einen negativen Brechungsindex von bis zu minus 700. Damit liegt sie ungefähr zwei Größenordnungen über den auf Oberflächen-Plasmonen basierenden dreidimensionalen Ansätzen.

Die Forscher entwarfen einen Halbleiter aus Gallium-Arsenid- und Aluminium-Gallium-Arsenid-Komponenten. Bei Temperaturen von wenigen Kelvin können die Elektronen in diesem Material circa eine fünftel Nanosekunde lang beschleunigen, bevor sie gestreut werden. Deshalb stört die Streuung ihre kinetische Induktivität im Gigahertzbereich oder darüber nicht. Bei steigendem Temperaturen lässt der Effekt aber zunehmend nach. Bei Raumtemperatur ist die Streuung bereits so stark, dass der Beschleunigungseffekt vollständig maskiert wird. Dann verschwindet der negative Brechungsindex, und das Material verwandelt sich in einen Reflektor. Die Wissenschaftler erwarten, dass ihr Ansatz sich auch hin zu höheren Frequenzen erweitern lässt.

Plasmonische Eigenschaften von Halbleitern auf Gallium-Arsenid-Basis sind auch aus dem Terahertzbereich bekannt. Graphen ist ebenfalls ein zweidimensionaler Leiter mit hoher Elektronenmobilität, auch bei Raumtemperatur. Auch wenn Elektronen in Graphen sich wie masselose Teilchen verhalten und deshalb eine nicht-Newtonsche Mechanik zeigen, besitzen sie doch kinetische Energie und deshalb implizite kinetische Induktivität. Ein weiteres Forschungsziel besteht darin, die Isotropie des Metamaterials zu erhöhen, um Anwendungen mit komplexeren Geometrien zu ermöglichen.

Dirk Eidemüller

PH

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