Methan beeinflusste Klimawandel
Vor 55 Mio. Jahren wurde so viel Methan aus Sedimenten freigesetzt, dass sich das Klima massiv wandelte. Dies fanden norwegische Wissenschaftler heraus.
Vor 55 Mio. Jahren wurde so viel Methan aus Sedimenten freigesetzt, dass sich das Klima massiv wandelte. Dies fanden norwegische Wissenschaftler heraus.
Oslo (Norwegen) - Globale Erwärmung, Treibhauseffekt und extreme Klimaveränderungen sind in der Erdgeschichte nicht einzigartig. Bereits vor 55 Millionen Jahren im so genannten Eozän stiegen die Temperaturen um fünf bis zehn Grad. Gigantische Mengen an Methan wurden damals aus den Sedimenten des Atlantiks freigesetzt und beeinflussten das Erdklima nachhaltig über 200.000 Jahre. Geowissenschaftler von der Universität Oslo entdeckten nun vor der Westküste Norwegens geologische Strukturen, aus denen in relativ kurzen Zeiträumen diese Methangase entweichen konnten. Über eine nachfolgende Oxidation wurde so die Atmosphäre stark mit dem Treibhausgas Kohlendioxid angereichert, berichten sie in der Zeitschrift "Nature".
"Wir haben 735 hydrothermale Schlotkomplexe in den Meeresbecken von Vøring und Møre identifiziert", schreiben Henrik Svensen und seine Kollegen vom Fachbereich für geologische Prozesse. Wahrscheinlich wurde das in den Sedimenten gespeichert Methangas über Tausende solcher Öffnungen, unterstützt durch vulkanische Aktivität, aus dem Atlantikboden in einem geologisch relativ kurzen Zeitraum von 10 000 Jahren freigesetzt. Die Menge des zusätzlichen Kohlenstoffs schätzen die Forscher auf mindestens 1500 bis 3000 Milliarden Tonnen, das gebunden in Kohlendioxid einen äußerst effizienten Treibhauseffekt mit der folgenden globalen Erwärmung einleitete. Das entspricht etwa der Hälfte des Kohlenstoffs, der in allen Öl- und Gaslagerstätten der Erde gespeichert ist und über die Verbrennung fossiler Brennstoffe nach und nach freigesetzt wird.
Die Schlotstrukturen offenbarten sich Svensen und Kollegen über ausgedehnte seismische Vermessungen des Meeresbodens vor der norwegischen Küste. Zusätzlich zeigten Sedimentproben aus dieser 55 Millionen Jahre zurückliegenden Epoche erstaunlich geringe Anteile des Isotops Kohlenstoff-13. Dieser Mangel an C-13 im Vergleich zu C-12 beweist, dass der Ursprung des abgelagerten Kohlenstoffs nicht in der damaligen Biosphäre, sondern tatsächlich in geologischen Lagerstätten liegen muss. Bisher gingen andere Forschergruppen davon aus, dass diese Isotopen-Anomalie allein durch das Verdampfen fester Methanhydraten am Meeresgrund verursacht sein könnte. Eine Theorie, die nun sicherlich überdacht werden muss.
Diese Entdeckung beeinflusst auch direkt die heutige Diskussion über eine drohende globale Erwärmung infolge eines Treibhauseffekts. Denn trotz zahlreicher eindeutiger Indizien kann noch nicht mit allerletzter Sicherheit auf einen Zusammenhang zwischen steigender Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre und einem weltweiten Temperaturanstieg geschlossen werden. Die norwegischen Ergebnisse dagegen könnten nun - sollten sie durch weitere geologische Messungen bestätigt werden - genau diese Korrelation beeindruckend belegen und damit die letzten Skeptiker überzeugen.
Um derweil den Ausstoß an Kohlendioxid trotz steigenden Energiebedarfs weltweit zu verringern, setzen in dieser Woche Vertreter aus 154 Staaten auf dem Kongress "Renewables 2004" auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien. So will die EU bis 2010 den Anteil an regenerativ erzeugten Strom auf zwölf Prozent zu verdoppeln. Die Bundesregierung setzt bis 2020 diese Marke auf mindestens 20 Prozent. Um dem wachsenden Energiebedarf in den Schwellen- und Entwicklungsländern gerecht zu werden, sicherte nun die Bundesregierung 500 Millionen Euro für den Ausbau klimaneutraler Kraftwerke in den entsprechenden Staaten zu. Die Projekte reichen von Solarthermie-Anlagen in Nordafrika, über Biomasse-, Wind- und Wasserkraftprojekte bis hin zu geothermischen Stromkraftwerken in der geologisch dazu geeigneten Grabenregion Ostafrikas.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos:
- Henrik Svensen et al., Release of methane from a volcanic basin as a mechanism for initial Eocene global warming, Nature 429, 542 (2004).
http://dx.doi.org/10.1038/nature02577 - University of Oslo:
http://www.uio.no/english/ - Department of Geosciences:
http://www.geo.uio.no/english/ - Department of Physics of Geological Processes:
http://www.fys.uio.no/pgp/about/s/about_index.shtml - Konferenz Renewables2004:
http://www.renewables2004.de - Spezielle Dokumente und Informationen zum Thema Methan finden Sie ganz einfach mit der Findemaschine, z. B. in der Kategorie Geophysik.
Weitere Literatur:
- Kennett, J. P. & Stott, L. D., Abrupt deep-sea warming, palaeoceanographic changes and benthic extinctions at the end of the Palaeocene, Nature 353, 225 (1991).
- Dickens, G. R., O’Neil, J. R., Rea, D. K. & Owen, R. M., Dissociation of oceanic methane hydrate as a cause of the carbon isotope excursion at the end of the Paleocene, Paleoceanography 10, 965 (1995).
- Smallwood, J. R. & Maresh, J., The properties, morphology and distribution of igneous sills: modelling, borehole data and 3D seismic from the Faroe-Shetland area, Geol. Soc. Spec. Publ. 197, 271 (2002).
- Svensen, H., Jamtveit, B. & Planke, S., Seep carbonate formation controlled by hydrothermal vent complexes: a case study from the Vøring volcanic basin, the Norwegian Sea, Geo-Mar. Lett. 23, 351 (2003).
- Eldholm,O.&Grue, K., North Atlantic volcanic margins: dimensions and production rates, J. Geophys. Res. 99, 2955