Mikrooptik für Großteleskope
Neues Projekt macht mikrooptische Systeme fit für den Einsatz in Großteleskopen.
An der Entwicklung einer neuen Technologie für die astronomische Forschung arbeiten in einem gemeinsamen Projekt drei Arbeitsgruppen aus Heidelberg, Köln und Potsdam. Die Wissenschaftler wollen mikrooptische Systeme, die bereits in der Nachrichtentechnik verwendet werden, für den Einsatz in Großteleskopen nutzbar machen. Das Verbundvorhaben wird von der Landessternwarte Königstuhl im Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg, dem 1. Physikalischen Institut der Universität zu Köln und dem Leibniz-
Abb.: Nahaufnahme eines Chips in integrierter Optik-Technologie für den Einsatz in der Infrarot-Interferometrie (Bild: U. Köln / U. Jena / Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam)
Das Projekt „Innovative astronomische Instrumentierung mittels photonischer Reformatierer“ (NAIR) wird von der DFG im Rahmen der Ausschreibung „Neue Geräte für die Forschung“ gefördert. Die Wissenschaftler in Heidelberg, Köln und Potsdam werden Bauelemente entwerfen und testen, die das Licht von Sternen und Galaxien so geschickt umordnen können, dass damit hochpräzise Messungen an kosmischen Objekten möglich werden. Der Einsatz dieser neuen Technologie an Großteleskopen ist zum Beispiel dafür vorgesehen, nach erdähnlichen Planeten naher Sterne zu suchen und die Zusammensetzung ihrer Atmosphären zu bestimmen.
„Beim Bau von Spektrographen für moderne Teleskope stoßen wir zunehmend an technische und finanzielle Grenzen“, erläutert Andreas Quirrenbach, der Leiter der Landessternwarte Königstuhl ist. „Im nächsten Jahrzehnt werden jedoch Teleskope mit Spiegeln von bis zu vierzig Metern Durchmesser in Betrieb gehen. Wir benötigen neue Konzepte, um das Potential dieser Riesenteleskope ausschöpfen zu können.“ Zu diesen innovativen Ansätzen gehört die Reformatierung von Licht: Dabei wird beispielsweise aus einem runden Bündel ein Lichtstrahl mit einem Querschnitt, der die Form eines dünnen Striches besitzt. Nach den Worten von Quirrenbach ist es möglich, auch relativ kleine Spektrographen mit sehr großen Teleskopen zu verwenden, wenn sie mit „gequetschten“ Lichtbündeln gespeist werden.
Mit der Umordnung von Sternenlicht hat sich der Heidelberger Wissenschaftler Robert Harris bereits während seiner Promotion beschäftigt. Dabei stieß er auf mikrooptische Bauelemente, die von der Telekommunikationsindustrie in Schaltzentralen für Glasfasernetzwerke eingesetzt werden. Sie besitzen komplexe Funktionen auf kleinstem Raum und bieten sich daher für die Reformatierung von Licht an. Nun entwickelt Harris speziell auf die Bedürfnisse der Astronomie zugeschnittene Komponenten. Für diese photonischen Systeme gibt es eine weitere Anwendungsmöglichkeit, so Lucas Labadie aus Köln. „Werden mehrere Teleskope zu einem sogenannten Interferometer zusammengeschaltet, erhalten wir schärfere Aufnahmen, als dies mit einem einzelnen Teleskop möglich wäre. Dabei müssen allerdings alle Lichtbündel mit höchster Präzision zusammengeführt und überlagert werden.“ Voraussetzung dafür ist, dass die dafür verwendeten Bauelemente optimiert und ihre physikalischen Eigenschaften noch besser verstanden werden. Vor allem dürfen sie selbst nur extrem wenig Licht schlucken, wie die Potsdamer Wissenschaftler Stefano Minardi und Roger Haynes hervorheben.
Mit der DFG-Förderung stehen Mittel für Mitarbeiter und Laborgeräte zur Verfügung, um neue Konzepte für die Nutzung mikrooptischer Systeme in astronomischen Instrumenten zu erarbeiten und zu erproben. Die Technologie soll auch anderen Wissenschaftlern für die Grundlagenforschung zur Verfügung stehen.
U. Heidelberg / DE