Mikroskopische Umwandlungen von Elektroden-Oberflächen
Entstehung von Unordnung auf Kupfer-Oberflächen während der Katalyse beobachtet.
Ein wichtiger Baustein zur Erreichung der Klimaziele ist es, Technologien zu entwickeln, mit denen sich aus CO2 synthetische Kraftstoffe und chemische Grundstoffe herstellen lassen. Mit der elektrochemischen Reduktion von CO2 an Kupferelektroden ist dieses direkt mit Strom aus erneuerbaren Energien möglich, was sich für die Produktion von E-Fuels einsetzen lassen könnte. Neue Untersuchungen zeigen, dass dieser Prozess bereits in den Anfangsstadien die Anordnung der Kupferatome an der Katalysatoroberfläche verändert.
Kupfer ist ein unverzichtbares Katalysatormaterial, um mit dem Verfahren der CO2-Reduktion wertvolle Chemikalien und Kraftstoffe, wie beispielsweise Ethanol, herzustellen. Besonders günstig dafür ist es, wenn die Kupferatome an der Katalysatoroberfläche ihre Ordnung verlieren. Das kann beispielsweise durch eine oxidierende Behandlung der Kupferoberfläche oder durch Legierungen erreicht werden. In einer gemeinsamen Studie des Instituts für experimentelle und angewandte Physik der Uni Kiel und des Fritz-Haber-Instituts der MPG stellte sich jetzt heraus, dass bereits im äußersten Anfangsbereich der elektrokatalysierten CO2-Reduktion solche ungeordneten Strukturen auch spontan entstehen.
Die Forscher beobachteten dabei, dass Kupferatome aus dem Inneren des Metalls auf die Oberfläche wechselten und dort weitgehend freistehende Gruppen aus wenigen Atomen bildeten. Diese Umordnung des Metalls wird durch CO, ein Zwischenprodukt der Reaktion, verursacht und bleibt auch bei hohen Reaktionsgeschwindigkeiten erhalten.
„Die elektrokatalytische CO2 Reduktion an Metallen läuft in wässriger Karbonatlösung ab, wobei sich unter anderem Wasserstoffgas bildet. Die auf atomarem Maßstab ablaufenden Prozesse detailliert zu untersuchen, ist hier schwierig,“ sagt Olaf Magnussen von der Uni Kiel. Das Forschungsteam kombinierte daher verschiedene Methoden, die sich auch unter diesen anspruchsvollen Bedingungen einsetzen lassen. Das Team beobachtete die Umwandlung der Kupferoberfläche zunächst direkt mit hochauflösender elektrochemischer Rastertunnelmikroskopie im Anfangsstadium der CO2 Reduktion. Diese Methode erlaubt es, die Atome und Moleküle an der Oberfläche direkt sichtbar zu machen.
Untersuchungen mit Röntgenbeugung, die die Wissenschaftler an der PETRA III-Synchrotronquelle des DESY in Hamburg durchführten, bestätigten die Umwandlung. Außerdem zeigten diese Messungen, dass die freistehenden Kupferatome auch bei hohen Reaktionsgeschwindigkeiten erhalten bleiben, aber keine weiteren entstehen. Molekülspektroskopische Untersuchungen am FHI zeigten schließlich, dass die Änderungen durch das gebildete CO verursacht wurden.
„Die Ergebnisse legen nahe, dass diese drastische Umordnung an der Elektrodenoberfläche jedes Mal auftritt, wenn der für die CO2-Reduktion benötigte Strom eingeschaltet wird. Das war bisher nicht bekannt, könnte aber eine wichtige Rolle in der Katalyse spielen“, sagt Beatriz Roldán Cuenya vom FHI. Eine Strategie, um die Struktur des Katalysators und damit die Art der gebildeten Stoffe zu beeinflussen, ist der Betrieb der Elektrode mit Spannungspulsen. Tatsächlich zeigten das bereits frühere Arbeiten des Forschungsteams. Allerdings wurde das Kupfer dort mittels elektrischer Energie periodisch oxidiert, was ein Umpolen der Elektrode erfordert.
Nach den neuen Ergebnissen könnten ähnliche Effekte möglicherweise bereits durch einfaches Ein- und Ausschalten des Stroms erzielt werden. „Insgesamt bestätigt die Studie unseren Ansatz, dass für die Realisierung dieser umweltfreundlichen Technologie nicht allein das Elektrodenmaterial relevant ist, sondern in großem Maße auch die Betriebsbedingungen und die Umgebung auf Mikroebene“, so das Team.
CAU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
R. Amirbeigiarab et al.: Atomic-scale surface restructuring of copper electrodes under CO2 electroreduction conditions, Nat. Catal., online 17. August 2023; DOI: 10.1038/s41929-023-01009-z - Institut für experimentelle und angewandte Physik, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
- Interface Science Department, Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin