09.07.2012

Millionen Mal kälter als der Weltraum

Neue Methode des Kühlens mit Lichtwellen erzeugt Materiewellen viel effizienter.

Dass Licht entgegen unserer Intuition nicht immer mit Wärme gleichzusetzen ist, macht sich die Quantenphysik bei der Erforschung von Atomen und deren Eigenschaften zunutze. Der Arbeitsgruppe Atomoptik am Institut für Laserphysik der Universität Hamburg ist es nun gelungen, mit Licht Gas-Atome so stark herunter zu kühlen, bis sie sich zu einer Materiewelle zusammenschließen. Das Gas ist dann mehr als 10 Millionen Mal kälter als der Weltraum, in dem rund drei Grad über dem absoluten Nullpunkt herrschen.

In dem Versuchsaufbau reflektiert ein optischer Resonator Laserlicht. Trifft es auf die Atome eines Gases, bremst es diese ab und kühlt somit das gesamte Gas. Im Gegensatz zu bisherigen Laserkühlmethoden ist das neue Verfahren auch bei vergleichsweise hohen Gasdichten wirksam, und es ist zudem nahezu unabhängig von der verwendeten Sorte von Gasteilchen. Durch die Kombination von hohen Dichten und tiefen Temperaturen entwickeln alle Gas-Atome dieselben physikalischen Eigenschaften und bewegen sich nicht mehr „unordentlich“ durcheinander, sondern schwingen gemeinsam. Durch dieses „Marschieren im Gleichschritt“ verhalten sie sich wie ein einziges „Superatom“ – ein Bose-Einstein-Kondensat.

„Das Wechselspiel zwischen Licht- und Materieteilchen erlaubt tiefe Einblicke in die Welt der Quantenphysik und ist hochinteressant für die Grundlagenforschung“, erklärt Andreas Hemmerich, Leiter der Arbeitsgruppe Atomoptik, „aber auch Anwendungen sind denkbar. Das neue Lichtkühlverfahren hat das Potential, viel effizienter als bisher Materiewellen zu erzeugen, was in vielen Bereichen der modernen Quantentechnologie von großem Interesse ist.“ Es könnte etwa als Grundbaustein zur Entwicklung eines Atomlasers beitragen, dessen Strahl nicht aus einfarbigem Licht, sondern aus Materiewellen besteht. Damit wären Messungen von bisher unerreichter Genauigkeit und Empfindlichkeit möglich – zum Beispiel im Bereich der Rotations- und Gravitationsbeschleunigung, der Nanotechnologie oder der Oberflächenphysik.

U. HH / OD

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