20.06.2016

Minikraftwerk für Reibungselektrizität

Gefüllter Gummischlauch sammelt elektro­statische Ladungen.

Mit Solarzellen, piezo- und thermelektrischen Modulen können bereits mehr oder weniger effi­ziente Mini­kraft­werke Strom für unter­wegs produ­zieren. Eine weitere Klasse solcher kompakter Genera­toren nutzt Reibungs­elektri­zität. Forscher aus China und den USA konnten die Ausbeute für diese tribo­elek­trischen Module nun weiter erhöhen. Sie entwickelten mehrere Proto­typen, darunter einen dehn­baren Armreif aus Gummi, der genug Strom für bis zu achtzig Leucht­dioden liefert. Alter­nativ könnten mit diesen Genera­toren in Zukunft kleine Sensoren betrieben oder sogar Konden­satoren und Akkus langsam aufge­laden werden.

Abb.: Triboelektrisches Kraft­werk: Dieses fein struktu­riertes Gummi­material macht elektro­statische Ladungen nutz­bar. (Bild: F. Li et al. / AAAS)

Yue Zhang von der University of Science and Techology in Peking entwickelte die tribo­elek­trischen Nano­gene­ratoren – kurz TENG genannt - zusammen mit Kollegen vom Georgia Institute of Techno­logy in Atlanta. Wichtigstes Bau­teil ist eine dünne Gummi­schicht, dessen Ober­fläche die Wissen­schaftler mit einem Plasma­ver­fahren in fili­grane Nano­strukturen von etwa fünfzig Nano­meter Größe auf­rauten und so die aktive Ober­fläche vergrößerten. Aus diesem Gummi fertigten sie einen bis auf die drei­fache Länge dehn­baren Schlauch. An den Enden verschlossen lässt er sich mit Wasser oder einer Koch­salz­lösung füllen, die die Aufgabe einer Elek­trode über­nimmt.

Den gefüllten Gummischlauch berührten Zhang und Kollegen periodisch mit Folien aus Nylon oder Plexi­glas, die mit einer Aluminium­schicht als zweite Elektrode bedeckt waren. Bei den Berührungen entwickelte sich durch den tribo­elek­trischen Effekt eine elektro­statische Auf­ladung des Gummi­schlauchs. Über die flüssige Elek­trode im Innern des Schlauchs, die die Forscher mit einem dünnen Kupfer­draht kontak­tierten, ließen sich kurze Spannungs­pulse von bis zu 67 Volt abgreifen. Die Strom­dichte erreichte dabei Werte von knapp einem Milli­ampere pro Quadrat­meter. Diese elek­trischen Pulse reichten aus, um Dutzende von Leucht­dioden im Takt der Berührungen erstrahlen zu lassen.

Aus dem dehnbaren Gummimaterial fertigten die Forscher mehrere Proto­typen für nutzbare Mini­kraft­werke. Ein flexibles Armband am Hand­gelenk etwa liefert genug Strom für bis zu achzig Leucht­dioden. Für diese Strom­erzeugung muss es aller­dings periodisch mit der zweiten Hand berührt werden, um die elektro­statischen Ladungen zu erzeugen. Aus dem Gummi entwickelten sie auch ein mit Flüssig­keit gefülltes Mouse­pad. Bewegten sie darauf eine Computer­maus, entstand ebenfalls genug Strom für einige Dutzend Leucht­dioden.

Abb.: Strom aus dem Armreif: Prototyp eines Strom­gene­rators, der Reibungs­elek­tri­zität in nutz­bare Spannungs­pulse um­wandelt. (Bild: F. Li et al. / AAAS)

Mit diesen Prototypen zeigen Zhang und Kollegen, dass elektro­statische Ladungen für die Erzeugung kleiner Strom­mengen genutzt werden können. Die tribo­elek­trischen Mini­kraft­werke könnten in Zukunft Sensoren für Schad­stoff­messungen im Freien oder zur Über­wachung von Körper­funktionen mit Elek­tri­zität versorgen. Gekoppelt mit einem Gleich­richter wäre es sogar möglich, mit den Spannungs­pulsen einen Akku auf­zu­laden. Doch das würde bei der bisher erreichten Strom­aus­beute sehr lange dauern und kaum eine Alter­native zu mobilen Solar­modulen bieten.

Auch Lucia Beccai und ihre Kollegen vom Center for Micro-BioRobotics in Pontedera bei Pisa entwickelten erste tribo­elek­trische Mini­kraft­werke. Die Forscherin lagerte einen sehr feinen Kupfer­draht in viele Schleifen verdreht in eine flexible Kunst­stoff­masse auf Silikon­basis ein. Kleine Luft­kammern geben dem Draht genügend Bewegungs­frei­heit, damit er sich an dem umge­benden Kunst­stoff reiben kann. Beim Zusammen­pressen entstehen elektro­statische Ladungen, die sich über Elek­troden abgreifen lassen. Dieses Schwamm-Kraft­werk mit einem Volumen von etwa vier Kubik­zenti­metern drückten die Forscher mehr­mals hinter­ein­ander zusammen. Presste man den kleinen Block zehn Mal pro Sekunde zusammen, entstanden Strom­pulse mit Spannungen von knapp zwei Volt bei einer Leistung von etwa 1,4 Mikro­watt. Auch diese geringen Ströme reichen aus, um ein Sensoren oder Leucht­dioden zu betreiben.

Jan Oliver Löfken

RK

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