16.08.2007

Miras Spur im interstellaren Gas

Amerikanische Astronomen stellten bei der Routineauswertung von UV-Aufnahmen des Satelliten Galex fest, dass der Stern Mira eine kometenförmige Struktur aufweist.




Amerikanische Astronomen stellten bei der Routineauswertung von UV-Aufnahmen des Satelliten Galex fest, dass der Stern Mira eine kometenförmige Struktur aufweist.

Der veränderliche Stern Mira hinterlässt eine Spur aus leuchtendem Gas im interstellaren Medium. Ein Team amerikanischer Astronomen ist bei der Routineauswertung von Ultraviolett-Aufnahmen des Satelliten Galex auf die kometenförmige Struktur mit einem ausgeprägten Schweif bei dem Stern gestoßen. Die Spur kommt nach Ansicht der Wissenschaftler durch den Zusammenprall des Sternwinds von Mira mit dem interstellaren Gas zustande und könnte wertvolle Informationen über den Massenverlust des Sterns in den vergangenen 30.000 Jahren liefern. Das Team berichtet in der aktuellen Ausgabe von „Nature“ über die Beobachtungen.

Mira ist einer der bekanntesten veränderlichen Sterne und der Prototyp einer Klasse von Sterne mit niedriger bis mittlerer Masse im Endstadium ihrer Entwicklung, dem so genannten asymptotischen Riesenast (asymptotic giant branch, AGB). „Solche Sterne sind relativ häufig und liefern mit ihrem staubhaltigen molekularen Wind einen großen Teil ihrer ursprünglichen Masse an das interstellare Medium zurück“, schreiben Christopher Martin vom Caltech in Pasadena und seine Kollegen. Mira-Sterne haben deshalb einen großen Einfluss auf die Entstehung neuer Sterne und Planeten in ihrer jeweiligen Galaxie.

Nachdem Martin und sein Team auf den Galex-Aufnahmen einen schwachen Nebel um Mira bemerkt hatten, fertigten sie länger belichtete UV-Aufnahmen der Region an. Darauf zeigte sich, dass der Nebel aus zwei Teilen besteht: Zum einen aus einer Schockfront südlich von Mira, die einer Bugwelle ähnelt, und zum anderen aus einem langen Schweif nördlich von Mira. Die Orientierung der Struktur ist in guter Übereinstimmung mit der Eigenbewegung des Sterns in nördlicher Richtung. Die Struktur besitzt am Himmel eine Gesamtlänge von zwei Grad, das entspricht dem vierfachen Durchmesser des Vollmonds.

Mira befindet sich in einer Entfernung von 350 Lichtjahren. Daraus ergibt sich, dass der Schweif etwa 13 Lichtjahre lang ist. Der Stern bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 130 Kilometer pro Sekunde durch das Weltall. „Das bedeutet, dass der Schweif den Pfad markiert, den Mira in den vergangenen 30.000 Jahren zurückgelegt hat“, so Martin und seine Kollegen, „Strukturen in dem Schweif könnten uns also wertvolle Informationen über den Sternwind Miras und seine Wechselwirkung mit dem interstellaren Medium liefern.“

Abb.: Dieses aus mehreren UV-Aufnahmen des Satelliten Galex zusammengesetzte Bild zeigt Mira und die den Stern umgebende kometenartige Struktur. Mira ist der kleine weiße Punkt ganz rechts im „Kopf“ der Struktur. Die von Mira im interstellaren Medium hinterlassene Leuchtspur ist etwa 13 Lichtjahre lang. (Quelle: Nasa/JPL/Caltech)

Tatsächlich scheint sich im Schweif eine Periodizität auf der Skala von 10.000 Jahren widerzuspiegeln. Da Mira ein thermisch pulsierender Stern ist, könnte dies ein Zeichen für eine Variation des Sternwinds im Verlauf des thermischen Pulsationszyklus sein. Allerdings liefert die Theorie für Mira bei einer Sternmasse von 1,5 Sonnenmassen – die als relativ gut gesichert gilt – Pulsationszyklen, die mindestens eine Größenordnung länger dauern als die sich aus dem Schweif ergebenden Schwankungen. Für thermische Pulsationen auf einer Zeitskala von 10.000 Jahren müsste Mira etwa die vierfache Sonnenmasse besitzen.

Martin und seine Kollegen diskutieren deshalb eine Reihe von Alternativen, die für die Variationen im Schweif verantwortlich sein könnten. So könnten ihrer Ansicht nach Turbulenzen im „Kielwasser“ des Sterns oder Schwankungen in der Dichte des interstellaren Gases als Ursache infrage kommen.

Weitere Klarheit können nur verbesserte hydrodynamische und mikrophysikalische Modelle, sowie ultratiefe Beobachtungen im UV- und Infrarotbereich bringen. Die leuchtende Struktur um Mira sei eine „bislang beispiellose fossile Aufzeichnung der Evolution und des Massenverlustes nach dem Hauptreihenstadium“, so Martin und seine Kollegen, „es ist ein Laboratorium für die Untersuchung astrophysikalischer Turbulenzen und der komplexen Physik hydrodynamischer Flüsse.“ Auch 400 Jahre nach seiner Entdeckung ist Mira also noch für Überraschungen gut.

Rainer Kayser

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