24.02.2017

Mit Alkohol ins All

Deutsch-brasilianisches Kooperationsprojekt setzt auf grünen Antrieb für Raketen.

Eine neue Rakete zu entwickeln, die mit Hilfe von Sauerstoff und Alkohol fliegt: Diesem Ziel sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raum­fahrt und die brasi­lia­nische Raum­fahrt­agentur Agência Espacial Brasi­leira einen großen Schritt näher gekommen. Das zeigen aktuell präsen­tierte Ergeb­nisse der ersten Brenn­test-Kampagne für das Ober­stufen-Trieb­werk eines zukünf­tigen brasi­lia­nischen Klein­trägers. Die Tests mit zwei neu konzi­pierten Ein­spritz­köpfen waren im Dezember 2016 im Rahmen einer deutsch-brasi­lia­nischen Koope­ration erfolg­reich abge­schlossen worden.

Abb.: Einspritzköpfe im Brenntest. (Bild: DLR)

„Um die optimale Technik für den Antrieb einer zukünftigen deutsch-brasi­lia­nischen Rakete zu finden, wurden parallel zwei Ein­spritz­köpfe ent­wickelt, die auf unter­schied­lichen Kon­zepten beruhen“, so Projekt­leiterin Lysan Pfützen­reuter vom DLR-Raum­fahrt­manage­ment. „Bei dieser ersten Kampagne haben wir alle wich­tigen Test­ziele erreicht. So wurden an zwanzig Tagen insg­esamt 42 Zün­dungen erfolg­reich durch­ge­führt. Dabei konnten wir unter anderem das Zünd­ver­halten und die Stabi­lität des Systems während Zündung und Anfahren der Schub­kammer genau analy­sieren. Hier­durch haben wir wich­tige Erkennt­nisse für die weitere Trieb­werks­ent­wick­lung gewonnen.“

Die Tests haben in der Zeit von Juli bis Dezember 2016 am Prüfstand P8 des DLR-Insti­tuts für Raum­fahrt­antriebe am Stand­ort Lampolds­hausen statt­ge­funden. Die beiden Ein­spritz­köpfe unter­scheiden sich vor allem in der Art und Weise, wie der Treib­stoff in die Brenn­kammer einge­sprüht und ver­mischt wird. Ein System stammt vom Insti­tuto de Aeron­áutica e Espaço in Brasi­lien, das andere wurde in Deutsch­land im Rahmen des Projekts SALSA – System­aus­legung eines Alkohol-LOX-Antriebs als Sub­stitut für lager­fähige Antriebs­stoffe – vom Raum­fahrt­unter­nehmen Airbus Safran Launchers ent­wickelt und gebaut.

Der Einspritzkopf soll einmal das Herzstück des neuen L75-Trieb­werks werden, das zukünftig brasi­lia­nische Klein­träger antreiben soll. Die Beson­der­heit daran: Die neue Technik ermög­licht es, Ethanol – also gewöhn­lichen Alkohol – als Treib­stoff einzu­setzen. Ethanol gehört, ebenso wie Methan, zu den „grünen“ Treib­stoffen. Diese gewinnen zuneh­mend an Bedeu­tung, da sie umwelt­freund­licher und weniger gesund­heits­belas­tend sind als die bis­lang in der Raum­fahrt verwen­deten Hydra­zin-Verbin­dungen. Neben diesen posi­tiven Effekten können durch diese neuen Treib­stoffe auch die Kosten der Raum­fahrt deut­lich redu­ziert werden, da der bis­lang hohe Auf­wand für die sichere Lage­rung und Hand­habung der Stoffe wesent­lich geringer ist. In Europa ist es auf­grund der REACH-Verord­nung sogar frag­lich, wie lange Hydra­zin noch als Treib­stoff zuge­lassen sein wird. Diese Verord­nung der Europä­ischen Union, die im Jahr 2007 in Kraft getreten ist, regelt die Zulas­sung und Verwen­dung von chemischen Stoffen.

In Europa gibt es bislang nur eine Möglichkeit, Triebwerkskomponenten für Orbi­tal­raketen mit dem Treib­stoff Ethanol zu testen: den Test­stand P8 am DLR-Stand­ort Lampolds­hausen. „Der Test­stand wurde bereits im Früh­jahr 2016 um eine Hoch­druck-Ethanol­ver­sor­gung erwei­tert. Damit steht am P8 neben den bishe­rigen Treib­stoffen Sauer­stoff, Wasser­stoff und Methan ein wei­terer grüner Treib­stoff zur Ver­fü­gung“, so Jan Alting, Projekt­leiter SALSA der Airbus Safran Launchers GmbH. „Für Europa deckt der P8 damit fast das gesamte Spektrum der aktuell inte­res­santen Treib­stoff­kombi­na­tionen zur Techno­logie­ent­wick­lung und -erpro­bung von Schub­kammern für Träger­raketen ab.“

DLR / RK

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