26.04.2022 • Energie

Mit dünnen Lithium-Schichten zu hohen Energiedichten

Neue Materialkombinationen für Lithium-Ionen-Batterien entwickelt.

Der Bedarf an Lithium-Ionen-Batterien (LIB) steigt rasant. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovations­forschung ISI erwartete 2020, dass die Nachfrage nach Lithium-Ionen-Zellen allein für die Elektro­mobilität bis 2030 um den Faktor zwanzig bis vierzig steigen wird. Damit nicht auch der Einsatz von Ressourcen mit dem erhöhten Bedarf an Batterien uner­messlich steigt, arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit fieberhaft an Verbesserungen. Die Partner des 2021 durch­geführten Projektes „nextBatt“ – neben dem Fraunhofer FEP die Fraunhofer-Institute für Werkstoff- und Strahl­technik IWS, für Solare Energiesysteme ISE und für Schicht- und Oberflächen­technik IST – leisten dazu einen wesentlichen Beitrag.

Abb.: Lithium abgeschieden als dünne Schicht als Grundlage zur Fertigung von...
Abb.: Lithium abgeschieden als dünne Schicht als Grundlage zur Fertigung von effizienten Batterien der nächsten Generation. (Bild: Fh.-FEP)

„Für Lithium-Ionen-Batterien sind Steigerungen der Energie­dichte von bis zu 65 Prozent möglich.“, prognostiziert Stefan Saager, Projektleiter am Fraunhofer FEP. „Dies kann durch den Ersatz herkömm­licher Graphit­anoden durch Anoden auf Basis von Silizium und zukünftig auch metallischem Lithium erreicht werden. Mit den ressourceneffizienten Prozess­technologien am Fraunhofer FEP gelang es uns bereits, reine metallische Lithiumschichten und auch Lithium-Silizium-Verbindungs­schichten in produktions­relevanten Maßstäben herzustellen.“ Üblicher­weise werden Lithium­schichten in Form von dünnen Folien durch Walz­prozesse gefertigt, die auch das Verwenden von Schmiermitteln nötig machen. Am Fraunhofer FEP jedoch werden die Lithium­schichten durch thermisches Aufdampfen im Vakuum ohne verun­reinigende Zusätze in einer Dicke von ein bis zwanzig Mikrometer hergestellt.

Dadurch können sehr reine und vor allem dünne metallische Lithium­schichten in repro­duzierbarer Weise erzeugt werden. Bei diesem Prozess wird Lithium­granulat ins Vakuum überführt, in einen Tiegel gefüllt und anschließend auf Temperaturen von 500 bis 700 Grad Celsius erwärmt. Das Lithium wird aufgeschmolzen und schließlich verdampft. Ähnlich wie sich Wasser an Deckeln von Kochtöpfen sammelt, wird der sich ausbreitende Lithium­dampf auf einem Substrat abgeschieden. Dieses Substrat wird dazu in kontrollierter Weise über die Lithium­dampfquelle bewegt, sodass darauf eine Lithiumschicht mit vorgegebener Dicke kondensiert.

Eine sehr große Heraus­forderung lag bei der Technologie­entwicklung bereits im Einrichten der Prozesse, aber auch der Arbeitsumgebungen, da Lithium eine extrem hohe Reaktivität besitzt. Lithium reagiert nicht nur mit dem Sauerstoff in der Luft, sondern auch mit Stickstoff. Mit Wasser verbindet sich Lithium außerdem zu stark basischem Lithium­hydroxid unter Freisetzung von Wasserstoff. Diese Reaktionen verlaufen stark exotherm, was den Umgang erschwert und erhöhte Ansprüche an die Arbeits­sicherheit erfordert. Daher kann Lithium nur unter einer inerten Argon-Atmosphäre gehandhabt werden. Darüber hinaus sind hochreine Lithium­schichten für das Erreichen einer guten Batterie-Performance essenziell. Die Anlagen wurden für Experimente mit luft­empfindlichen Materialien wie Lithium entsprechend vorbereitet.

Ein großer Vorteil der Technologie ist, dass mit dem Aufdampf­verfahren auch Verbindungs­schichten in Kombination mit anderen Materialien, wie Silizium, erzeugt werden können. Dazu wird eine weitere Dampfquelle mit einem anderen Ausgangsstoff daneben installiert. Die verschiedenen Materialien vermischen sich in den beiden überlagerten Dampfströmen und erzeugen auf dem Substrat eine Verbindungs­schicht mit der gewünschten Zusammensetzung. So sind sehr vielver­sprechende Material­kombinationen realisierbar, die auf andere Weise nicht zu erzeugen wären. Zudem kann man mit diesem Verfahren sehr hohe Beschichtungs­raten erzielen – ein wichtiges Kriterium für die Überführung der Technologie in eine Massen­produktion.

Die bislang am Fraunhofer FEP hergestellten reinen Lithium­schichten wurden am Fraunhofer IWS hinsichtlich ihrer elektrochemischen Eigenschaften untersucht. Dabei zeigte sich, dass etwa achtzig Prozent des abgeschiedenen Lithiums elektro­chemisch aktiv war – also in einer Batterie für chemische Reaktionen zur Speicherung von Energie zur Verfügung stehen kann. Eine weitere Steigerung über neunzig Prozent ist durch die Optimierung von Prozess­schritten in Aussicht. Diese Verbesserung umfasst verschiedene Verfahren zur Substratreinigung und -vorbehandlung, die Beschichtungs­technologie selbst sowie Veredelungsv­erfahren durch Nachbehandlung. Die Reduktion von „totem Lithium“ ist ein wesentlicher Schlüssel zur Effizienz­steigung in Batterien und Gegenstand ausgedehnter inter­nationaler Forschung.

Am Fraunhofer FEP stehen hierfür Versuchs- und Pilotanlagen zur Verfügung, mit denen etwa metallische Platten und Bänder oder Kunststofffolien im effizienten Rolle-zu-Rolle-Verfahren verarbeitet werden können. Im Projekt­konsortium werden weitere vielver­sprechende Technologien zur Steigerung der Batterie­leistung entwickelt, wie zum Beispiel Verfahren zur Oberflächen­beschichtung und Verarbeitung von Pulvern, Metallisierung von Kunststoff­folien für leichte Strom­kollektoren oder Plasmaverfahren zur Herstellung alternativer Elektroden­materialen. Durch die Nähe zu den Partnern sind unter anderem umfassende Charak­terisierungs­möglichkeiten am Fraunhofer IWS anwendbar, ohne lange Lager- und Transportzeiten der sensiblen Materialien berücksichtigen zu müssen. Die Wissenschaftler schätzen, dass bei einer Inten­sivierung der Forschungs­aktivitäten die Beschichtungs­technologie innerhalb der nächsten fünf Jahre Einzug in die Produktion von Batterien der nächsten Generation halten könnte. 

Fh.-FEP / JOL

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