17.10.2014

Mit MRT ein einzelnes Proton nachweisen

Räumliche Auflösung der Tech­nik mas­siv ge­stei­gert – ortet ein­zel­nes Wasser­stoff­atom auf Dia­mant­ober­fläche.

Übliche, in einem Krankenhaus zum Einsatz kommende Magnet­resonanz­tomo­grafen können Details bis zu etwa einem Zehntel Milli­meter sichtbar gemacht werden, zum Beispiel in Quer­schnitts­bildern des menschlichen Körpers. Wissen­schaftler der ETH Zürich sind gemeinsam mit Kollegen der Univer­sität Leipzig daran, diese Auf­lö­sung massiv zu steigern – auf die Größe eines ein­zel­nen Atoms – etwa eine Million Mal kleiner. Mit einem von ihnen entwickelten MRI-Gerät ist es ihnen erstmals gelungen, auf der Ober­fläche eines Dia­manten ein einzel­nes Wasser­stoff­atom nachzu­weisen.

Abb.: Das NV-Zentrum (roter Pfeil) kann einzelne kleine, von Protonen produzierte Magnetfelder (blaue Pfeile) auslesen. Die NV-Zentren sollten sich möglichst nahe an der Oberfläche befinden. Mikrowellen und Laser lesen den Sensor berührungsfrei aus. (Bild: Chr. Degen, ETHZ)

Möglich war diese bedeutende Stei­ge­rung der Auf­lösung, weil die Forscher unter der Lei­tung von Christian Degen, Professor am Labora­torium für Fest­körper­physik, in ihrem MRI-Gerät eine andere Mess­technik verwen­deten als in üblichen Magnet­resonanz­tomo­grafen im Krankenhaus. Die konven­tio­nellen Geräte messen die Magneti­sierung der Atom­kerne im mensch­lichen Körper induktiv mit einer Spule. „Die räum­liche Auflösung dieser Technik ist heute weit­gehend optimiert. Aus physika­lischen Gründen lässt sich die Auf­lösung nicht mehr stark steigern“, erklärt Degen. Die ETH-Wissen­schaftler maßen in ihrem Experi­ment die Magneti­sierung hingegen mit einem neu­artigen Diamant­sensor in einer opti­schen Mess­anord­nung mit einem Fluores­zenz­mikroskop.

Der Sensor bestand aus einer Stick­stoff-Fehlstelle im Diamant. Diese ist nicht nur fluores­zierend, sondern auch magne­tisch, weshalb sie für extrem feine Magnet­feld­messungen geeignet ist. Für ihr Experiment präpa­rierten die Forschenden einen rund zwei mal zwei Milli­meter großen Diamanten mit einigen Fehl­stellen wenige Nanometer unter der Oberfläche. Über eine optische Messung der Magnetisierung konnten sie zeigen, dass sich in mehreren Fällen weitere magne­tische Atom­kerne in unmittel­barer Umgebung befanden. „Die Quanten­mechanik liefert dabei einen zweifels­freien Beweis, dass es sich um einzelne Wasserstoffatomkerne handelt, und nicht um eine Ansammlung mehrerer Wasser­stoffatome“, so Degen. Außerdem konnten die Wissenschaftler aus den Messdaten die Lage der magnetischen Atomkerne in Bezug zur Fehlstelle mit einer Genauigkeit von besser als einem Ångström eruieren.

Abb.: Die Messapparatur der ETH-Forscher mit dem Diamanten (grün; Bild: Chr. Degen, ETHZ)


„Dies ist ein wichtiger Zwischenschritt hin zur Kartierung von ganzen Molekülen“, erklärt Degen, der 2012 für seine Forschung auf dem Gebiet vom Europäischen Forschungsrat einen ERC Starting Grant erhielt. So möchten die Forschenden als nächstes versuchen, mit ihrem Nano-MRI-Gerät ein kleines Molekül zu vermessen. Doch auch wenn sich mit der Technik künftig eine Vielzahl von Atomen kartieren lässt, ist es weder das Ziel noch praktikabel, mit dieser Technik einen ganzen menschlichen Körper atomgenau zu kartieren.

Vielmehr ist es der Traum der Wissenschaftler, die Technik dereinst zur Aufklärung der räumlichen Struktur von Biomolekülen, wie zum Beispiel Proteinen zu verwenden. Derzeit verwenden Wissenschaftler für Proteinstrukturaufklärung meist die Röntgenkristallografie. Dazu werden allerdings Kristalle gebraucht, die aus Milliarden von identischen Molekülen bestehen. Proteine zu kristallisieren ist jedoch vielen Fällen jedoch schwierig. Erreichen die ETH-Physiker ihr Ziel, würde für die Bestimmung der Struktur im Prinzip ein einzelnes Molekül genügen. Ein weiterer Vorteil von Nano-MRI ist, dass man Atome durch Isotope gezielt markieren kann.

Mit den neuen Erkenntnisse des deutsch-schweizerischen Forscherteams sollen so künftig wesentlich empfindlichere Biosensoren als bisher gebaut werden, erläutert Jan Meijer vom Institut für Experimentelle Physik II der Universität Leipzig. „Eigentlich arbeiten wir an einem Quantencomputer und versuchen dabei, jede mögliche Störung wie etwa durch das Magnetfeld einzelner Protonen zu vermeiden. In dieser Technik wurden die Störeffekte quasi als Messsignal genutzt“, sagt Meijer.

ETHZ / OD

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