Mit MRT ein einzelnes Proton nachweisen
Räumliche Auflösung der Technik massiv gesteigert – ortet einzelnes Wasserstoffatom auf Diamantoberfläche.
Übliche, in einem Krankenhaus zum Einsatz kommende Magnetresonanztomografen können Details bis zu etwa einem Zehntel Millimeter sichtbar gemacht werden, zum Beispiel in Querschnittsbildern des menschlichen Körpers. Wissenschaftler der ETH Zürich sind gemeinsam mit Kollegen der Universität Leipzig daran, diese Auflösung massiv zu steigern – auf die Größe eines einzelnen Atoms – etwa eine Million Mal kleiner. Mit einem von ihnen entwickelten MRI-Gerät ist es ihnen erstmals gelungen, auf der Oberfläche eines Diamanten ein einzelnes Wasserstoffatom nachzuweisen.
Abb.: Das NV-Zentrum (roter Pfeil) kann einzelne kleine, von Protonen produzierte Magnetfelder (blaue Pfeile) auslesen. Die NV-Zentren sollten sich möglichst nahe an der Oberfläche befinden. Mikrowellen und Laser lesen den Sensor berührungsfrei aus. (Bild: Chr. Degen, ETHZ)
Möglich war diese bedeutende Steigerung der Auflösung, weil die Forscher unter der Leitung von Christian Degen, Professor am Laboratorium für Festkörperphysik, in ihrem MRI-Gerät eine andere Messtechnik verwendeten als in üblichen Magnetresonanztomografen im Krankenhaus. Die konventionellen Geräte messen die Magnetisierung der Atomkerne im menschlichen Körper induktiv mit einer Spule. „Die räumliche Auflösung dieser Technik ist heute weitgehend optimiert. Aus physikalischen Gründen lässt sich die Auflösung nicht mehr stark steigern“, erklärt Degen. Die ETH-Wissenschaftler maßen in ihrem Experiment die Magnetisierung hingegen mit einem neuartigen Diamantsensor in einer optischen Messanordnung mit einem Fluoreszenzmikroskop.
Der Sensor bestand aus einer Stickstoff-Fehlstelle im Diamant. Diese ist nicht nur fluoreszierend, sondern auch magnetisch, weshalb sie für extrem feine Magnetfeldmessungen geeignet ist. Für ihr Experiment präparierten die Forschenden einen rund zwei mal zwei Millimeter großen Diamanten mit einigen Fehlstellen wenige Nanometer unter der Oberfläche. Über eine optische Messung der Magnetisierung konnten sie zeigen, dass sich in mehreren Fällen weitere magnetische Atomkerne in unmittelbarer Umgebung befanden. „Die Quantenmechanik liefert dabei einen zweifelsfreien Beweis, dass es sich um einzelne Wasserstoffatomkerne handelt, und nicht um eine Ansammlung mehrerer Wasserstoffatome“, so Degen. Außerdem konnten die Wissenschaftler aus den Messdaten die Lage der magnetischen Atomkerne in Bezug zur Fehlstelle mit einer Genauigkeit von besser als einem Ångström eruieren.
Abb.: Die Messapparatur der ETH-Forscher mit dem Diamanten (grün; Bild: Chr. Degen, ETHZ)
„Dies ist ein wichtiger Zwischenschritt hin zur Kartierung von ganzen Molekülen“, erklärt Degen, der 2012 für seine Forschung auf dem Gebiet vom Europäischen Forschungsrat einen ERC Starting Grant erhielt. So möchten die Forschenden als nächstes versuchen, mit ihrem Nano-MRI-Gerät ein kleines Molekül zu vermessen. Doch auch wenn sich mit der Technik künftig eine Vielzahl von Atomen kartieren lässt, ist es weder das Ziel noch praktikabel, mit dieser Technik einen ganzen menschlichen Körper atomgenau zu kartieren.
Vielmehr ist es der Traum der Wissenschaftler, die Technik dereinst zur Aufklärung der räumlichen Struktur von Biomolekülen, wie zum Beispiel Proteinen zu verwenden. Derzeit verwenden Wissenschaftler für Proteinstrukturaufklärung meist die Röntgenkristallografie. Dazu werden allerdings Kristalle gebraucht, die aus Milliarden von identischen Molekülen bestehen. Proteine zu kristallisieren ist jedoch vielen Fällen jedoch schwierig. Erreichen die ETH-Physiker ihr Ziel, würde für die Bestimmung der Struktur im Prinzip ein einzelnes Molekül genügen. Ein weiterer Vorteil von Nano-MRI ist, dass man Atome durch Isotope gezielt markieren kann.
Mit den neuen Erkenntnisse des deutsch-schweizerischen Forscherteams sollen so künftig wesentlich empfindlichere Biosensoren als bisher gebaut werden, erläutert Jan Meijer vom Institut für Experimentelle Physik II der Universität Leipzig. „Eigentlich arbeiten wir an einem Quantencomputer und versuchen dabei, jede mögliche Störung wie etwa durch das Magnetfeld einzelner Protonen zu vermeiden. In dieser Technik wurden die Störeffekte quasi als Messsignal genutzt“, sagt Meijer.
ETHZ / OD