Mit Siebenmeilenstiefeln zum Quantencomputing
Niedersachsen verstärkt Anstrengungen zum Bau eines skalierbaren Quantencomputers.
Erste Prototypen eines Quantencomputers werden in der Region Hannover-Braunschweig bereits getestet und mit rascher Geschwindigkeit weiterentwickelt. Bis 2025 wird im Schulterschluss von Forschung und Industrie der erste Quantencomputer des Landes in Betrieb genommen, über die kommenden zehn Jahre sollen mehr als 1,5 Milliarden Euro in dieses Zukunftsfeld fließen. Im Rahmen einer Pressetour mit dem niedersächsischen Wissenschaftsminister Björn Thümler wurden die bisherigen Ergebnisse und die zukunftsweisenden Pläne der Initiative des Quantum Valley Lower Saxony vorgestellt.
Führende Forschungseinrichtungen, Unternehmen und das Land Niedersachsen hatten sich im Oktober vergangenen Jahres zum Bündnis Quantum Valley Lower Saxony (QVLS) zusammengeschlossen, um die Expertise von mehr als 400 Wissenschaftlern in den beteiligten Institutionen zu bündeln. Ergänzend zu den Projekten und Investitionen der letzten Jahre von über 220 Millionen Euro haben das Land Niedersachsen und die VolkswagenStiftung im Dezember 2020 der Initiative 25 Millionen Euro als Kernfinanzierung für den Bau eines Quantencomputers bereitgestellt. Diese Summe soll im Rahmen der aktuell laufenden Bundesausschreibungen vervielfacht werden und die technologische Entwicklung weiter beschleunigen.
Quantencomputer gelten als einer der vielversprechendsten technologischen Durchbrüche des 21. Jahrhunderts. Deutschland befindet sich im globalen Wettlauf und investiert im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets bundesweit bis 2025 bis zu zwei Milliarden Euro in dieses Zukunftsfeld. Eines der führenden nationalen Ökosysteme für den Bau von Quantencomputern und für die Quantenmetrologie entsteht in Niedersachsen. Hier werden die Bundesgelder durch weitere Quellen aus der Forschung und insbesondere durch Engagement der Industrie ergänzt und in diesem Jahrzehnt mit einem projizierten Gesamtvolumen von über 1,5 Milliarden Euro Quantendurchbrüche vorangetrieben. Die strategische Roadmap des QVLS enthält die Weiterentwicklung der Ionenfallen-Technologie, Großprojekte mit Unternehmen, die Vermarktung von Spin-Off-Innovationen, Start-up-Förderung, Quantum Education sowie mehrere Forschungsneubauten.
Mit der Ionenfallentechnologie nutzen die Forscher einen der derzeit vielversprechendsten Ansätze, um skalierbare Quantencomputer zu entwickeln. Die Zusammenführung aller erforderlichen Expertise unter einem Dach ‒ von der Nanotechnologie bis zu Quanten-Algorithmen oder der Herstellung von Ionenfallen-Chips ‒ ist ein überzeugendes Alleinstellungsmerkmal der Allianz in Deutschland und in Europa. Das Ziel der Landesinitiative Quantum Valley Lower Saxony ist aber nicht nur, die Führungsrolle in der Forschung weiter auszubauen. Mit einer eigenen Geschäftsstelle, die zum 1. Januar 2021 ihren Betrieb aufgenommen hat, sollen auch die Einbindung der Wirtschaft und insbesondere der Technologietransfer und die Start-up-Szene einen kräftigen Schub erhalten. Beides, Grundlagenforschung und industrielle Wertschöpfung, sind die Voraussetzungen, um in den Quantentechnologien und insbesondere im Quantencomputing Spitzenpositionen zu erobern.
Björn Thümler, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur: „Mit dem Quantum Valley Lower Saxony setzen wir bewusst auf eine Schlüsseltechnologie von morgen. Wissenschaft und Industrie sind im Zuge des digitalen Wandels immer stärker auf Rechnerkapazitäten angewiesen, die in immer kürzerer Zeit immer komplexere Rechenoperationen leisten sollen. Niedersachsen hat als einer von zwei Standorten des Norddeutschen Verbunds für das Höchstleistungsrechnen bereits erfahren, wie wichtig diese Kapazitäten sind. Und je wichtiger künstliche Intelligenz für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft wird, desto weiter dürften diese Anforderungen steigen. Mit der Quantentechnologie stoßen wir vermutlich in völlig neue Dimensionen vor – vermutlich, weil wir zum heutigen Zeitpunkt nur eine grobe Ahnung von den disruptiven Potenzialen der Quantentechnologie haben. Niedersachsen ist in der Quantentechnologie aktuell ein Stück weit voraus. Mit Hilfe von QVLS sollen aus Science Fiction Science Facts werden.“
Volker Epping, Präsident der Leibniz Universität Hannover: „Die Leibniz Universität Hannover hat eine lange Tradition in der Quantenforschung und kann auf herausragende Erfolge zurückblicken. Hierfür stehen beispielhaft die DFG-geförderten Exzellenzcluster QuantumFrontiers und PhoenixD, sowie die Sonderforschungsbereiche DQ-mat und TerraQ, in denen die Grundlagen und Anwendungen von Quanten- und Nanometrologie, Quantensensorik und Quantencomputing erforscht werden. Die LUH bietet heute eine erstklassige Infrastruktur und übernimmt im QVLS als Gründungsmitglied eine führende Rolle bei der Weiterentwicklung dieses Zukunftsfeldes.“
Angela Ittel, Präsidentin der TU Braunschweig: „Das niedersächsische Quantenbündnis ist großartiges Beispiel für gemeinsame und ganzheitliche Exzellenz ‚made in Niedersachsen‘. Wir sind stolz, dass wir von der TU Braunschweig unsere hervorragende Expertise in der Nano- und Quantentechnologie einbringen können, um gemeinsam einen weltweit einmaligen Quantencomputer zu entwickeln. An der TU Braunschweig forschen wir auf höchstem Niveau zur Skalierbarkeit des Superrechners, um ihn möglichst klein und kompakt und trotzdem enorm leistungsfähig und energieeffizient zu machen.“
Joachim H. Ullrich, Präsident der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt: „Ich bin davon überzeugt, dass wir in fünf Jahren einen Quantencomputer mit fünfzig Qubits ‚made in Niedersachsen‘ haben werden. Besonders im Bereich des Quantum-Machine-Learnings, also der Künstlichen Intelligenz, wird das enorme Entwicklungen ermöglichen. Die PTB forscht im Rahmen der Atomuhren seit vielen Jahren auf höchstem Niveau an Ionenfallen, und diese Expertise ermöglicht uns nun, zusammen mit der Expertise unserer Partner, den Sprung in die Weltspitze der Quantencomputer-Entwicklung.“
Niedersächs. Min. Wiss. Kultur / DE