01.10.2024

Mit Sternen aus Nanokeramik Hautkrankheiten bekämpfen

Nukleinsäure-Moleküle gelangen durch Mikro-Blessuren an ihren Wirkungsort.

Hautkrankheiten wie Schuppenflechte oder Neurodermitis sind schwierig zu behandeln. Denn moderne Wirkstoffe gelangen nicht tief genug in die betroffenen Hautschichten, wenn sie in herkömmliche Salben oder Lotionen aufgebracht werden. Könnte man die Haut jedoch kurzfristig durchgängig machen, so ließen sich die großen therapeutisch wirksamen Moleküle an ihr Ziel schleusen. Zum Einsatz für neue Therapien kommen beispielsweise siRNA-Moleküle, kurz für „small interfering RNA“. Diese Moleküle können durch gezielte Interaktionen mit der körpereigenen Boten-RNA, der mRNA, zur Regulierung der Proteinproduktion beitragen. Dadurch können in Krankheitsprozesse eingreifen und schädigende Vorgänge blockieren. Medikamente mit diesem Wirkprinzip existieren bereits für einige Stoffwechselstörungen und Erbkrankheiten.

Abb.: Spitz und effizient: Die Nanokeramik-Sterne gehen unter die Haut.
Abb.: Spitz und effizient: Die Nanokeramik-Sterne gehen unter die Haut.
Quelle: Empa

Für die Anwendung derartiger siRNAs in modernen Therapien suchte Aldena Therapeutics mit Sitz in Boston, London und Lausanne nach einem wirksamen Verfahren, um Wirkstoffe in – oder besser: unter – die Haut zu bringen. Die Forscher Michael Stuer und Patrick Hoffmann von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa setzten daher Nanokeramik aus Aluminiumoxid-Partikeln ein, um daraus eine dreidimensionale, scharfkantige Form zu erzeugen. Nach dem Sintern entstanden so dreiarmige Sterne mit einem Durchmesser von 0,8 Millimetern, mit denen sich die Hautbarriere für die siRNA-Moleküle vorübergehend öffnen lässt.

„Die 3D-Sterne mit spitz zulaufenden Armen sorgen für Mikro-Blessuren in der Haut, die sich schnell wieder von selbst schließen», erklärt Stuer. Es bleibt aber genug Zeit, damit die Wirkstoffmoleküle in die Haut eindringen können. Dem Empa-Team gelang es im Projekt StarCURE, die Sterne in einem präzisen Winkel gewölbt herzustellen. Auf diese Weise „rollen“ die Sterne beim Auftragen über die Haut, verkanten sich schnell und erzeugen so mehr Mikro-Öffnungen in der Haut als flächige Gebilde.

Appliziert werden die Nanokeramik-Sterne in einem Gel. Wenige Sekunden nach dem Auftragen auf die Haut wird das überschüssige Gel bereits wieder entfernt. Stuer, der das Sternen-Gel selbst getestet hat, bestätigt die Aussage von bisherigen Versuchspersonen: „Es fühlt sich an wie ein Schrubben auf der Haut.“

Entscheidend für den Einsatz als Therapie war zudem ein kosteneffizienter Herstellungsprozess. Müssten die Sterne nämlich etwa mittels Laserverfahren produziert werden, wäre der Preis zu hoch. Deshalb entwickelten die Empa-Forscher Polymer-Gussformen, mit denen sich große Fertigungsmengen deutlich schneller und einfacher herstellen lassen. Mit diesem Skalierungsprozess für den industriellen Maßstab ist es möglich, die Herstellungskosten stark zu senken. Vor kurzem haben die Forscher das Verfahren zum Patent angemeldet.

Doch Empa und Aldena Therapeutics wollen noch weitergehen: In einem nächsten Schritt möchte Stuer die Rezeptur ändern, damit die Nanokeramik-Sterne biologisch abbaubar werden oder nach der Anwendung zu Staub zerfallen. Das aktuelle keramische Material könnte in Zukunft an ein Biopolymer gebunden oder durch ein Bioglas ersetzt werden. Das würde das Anwendungsgebiet erheblich ausweiten. „Die Patientinnen und Patienten könnten die Therapie-Sterne nach der Anwendung dann einfach abwaschen“, so Stuer.

Empa / RK

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