Molekül als Stromkabel
Israelischen Wissenschaftler gelang es, den Stromfluss durch einzelne, organische Moleküle zuverlässig zu messen.
Molekül als Stromkabel
Israelischen Wissenschaftler gelang es, den Stromfluss durch einzelne, organische Moleküle zuverlässig zu messen.
Rehovot (Israel) - Einzelne Moleküle und Nanoteilchen leiten Strom oder schalten digitale Bits. Doch wissen die Nanoforscher noch immer nicht genau, was genau in diesen Modulen der molekularen Elektronik der Zukunft vor sich geht. Israelische Wissenschaftler bauten dazu ein Experiment auf, mit dem zuverlässig der Stromfluss durch einzelne, organische Moleküle gemessen werden kann. Ihren erfolgreichen Versuch beschreiben sie in der Fachzeitschrift "Nature".
"Die elektrische Leitfähigkeit einzelner Moleküle hängt von den molekularen Elektron-Orbitalen und den Verknüpfungspunkten an metallischen Kontakte ab", sagt Israel Bar-Joseph vom Weizmann Institut für Wissenschaft in Rehovot. So muss einerseits die Verbindung zwischen Molekül und Kontakt kontrollierbar sein. Andererseits müssen die Forscher den Einfluss der Kontakte selbst exakt kennen, um auf das Leitungsverhalten der Moleküle zurückschließen zu können. Viele Experimente wurden von Forschergruppen weltweit dazu schon durchgeführt, doch dabei offenbarte sich nicht immer der immanenten Anteil der Moleküle an der Leitfähigkeit. In ihrem Experiment verwendeten Bar-Joseph und seine Kollegen nun 30 Millionstel Millimeter kleine Goldpartikel. Zwischen diese Kontaktelektroden platzierten sie bis zu 30-mal kleinere Moleküle, die über einen elektrostatischen Effekt eine leitende Brücke zwischen diesen Kontakten bildeten.
Eingeklemmt zwischen zwei Goldpartikel leitet ein organisches Molekül messbar elektrischen Strom. (Quelle: Weizmann Institute of Science)
Ihr Trick: Sie stellten direkt aus einer Kolloid-Lösung eine Dimer-Struktur her, die aus den beiden Goldpartikeln mit dem quasi eingeklemmten organischen Molekül besteht. Bei bisherigen Ansätzen fügten andere Nanoforscher das zu vermessende Molekül meist nachträglich hinzu, ohne genau zu wissen, wo und wie viele über welche Bindungen zwischen den Goldelektroden eingebunden werden. Mit der neuen Methode kann sowohl die Anzahl der überbrückenden Moleküle als auch die Kontakte selbst deutlich besser kontrolliert werden. In ihren ersten Versuchen konnten sie so die Leitfähigkeit von drei verschiedenen, organischen Molekülen bestimmen: 4,4 -Biphenyldithiol (BPD), bis-(4-Mercaptophenyl)-Ether (BPE) und 1,4-Benzenedimethanethiol (BDMT)
Bei Spannungen zwischen -2 und +2 Volt konnten sie über eine Widerstandsmessung auf Werte für die Leitfähigkeit der organischen Moleküle schließen. BPD lieferte dabei Werte von bis zu drei Nanosiemens. Relativ zu den beiden anderen Molekülen zeigte dieses Molekül, das seine Kontakte zu den Goldelektroden über Schwefelatome aufbaut, die höchste Leitfähigkeit. Bei BPE dagegen übernehmen Sauerstoffatome die Anschlussfunktion, bei BDMT tun dies die Methylgruppen. Bei beiden Bindungen rangiert die Leitfähigkeit deutlich unter den Schwefel-Gold-Kontakten.
In weiteren Versuchen will Bar-Joseph seine Apparatur auch an anderen Molekülen testen. Gelingt dies, wird den Nanoforschern ein wertvolles Messgerät für die Charakterisierung von leitenden und halbleitenden Nanoteilchen zur Verfügung stehen. Darauf aufbauend könnten komplexere Schaltkreise auf der Basis molekularer Elektronik entwickelt werden. Für Firmen wie IBM oder Hewlett-Packard könnte dies von großer Bedeutung sein, da diese schon heute an solchen Konzepten für die Computerchips der Zukunft arbeiten.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
Tali Dadosh et al., Measurement of the conductance of single conjugated molecules, Nature 436, 677 (2005). - Weizmann Institute of Science, Rehovot, Israel:
http://www.weizmann.ac.il - Arbeitsgruppe Bar-Joseph:
http://www.weizmann.ac.il/condmat/ - Hintergrund Molekulare Elektronik:
http://www.fzk.de/fzk/idcplg?IdcService=FZK&node=2095
http://www.empa.ch/plugin/template/empa/924/*/---/l=1 - Spezielle Dokumente und Informationen zum Thema finden Sie ganz einfach mit der Findemaschine, z. B. in der Kategorie Festkörperphysik.
Weitere Literatur:
- Nitzan, A. & Ratner, M. A. Electron transport in molecular wire junctions. Science 300, 1384–1389 (2003).
- Joachim, C., Gimzewski, J. K. & Aviram, A. Electronics using hybrid-molecular and mono-molecular devices. Nature 408, 541–548 (2000).
- Xue, Y. & Ratner, M. A. Microscopic study of electrical transport through individual molecules with metallic contacts. I. Band lineup, voltage drop, and high-field transport. Phys. Rev. B 68, 115406–115418 (2003).
- Remacle, F. & Levine, R. D. Electrical transmission of molecular bridges. Chem. Phys. Lett. 383, 537–-543 (2004).
- Reed, M. A., Zhou, C., Muller, C. J., Burgin, T. P. & Tour, J. M. Conductance of a molecular junction. Science 278, 252–-254 (1997).
- Reichert, J. et al. Driving current through single organic molecules. Phys. Rev.Lett. 88, 176804 (2002).