24.10.2016

Molekül-Selfie zeigt Aufbruch einer chemischen Bindung

Reaktionsmikroskop verfolgt Positionen aller Atome.

Man stelle sich vor, die einzelnen Atome eines Moleküls ließen sich während einer chemischen Reaktion beob­achten – diese Fähig­keit würde bisher uner­reichte Ein­sichten bieten, mit denen sich diese Prozesse besser verstehen und mögli­cher­weise kontrol­lieren ließen. Doch die Idee, den Auf­bruch oder die Umwand­lung von Mole­külen zu beob­achten, setzt voraus, alle Atome, die das Molekül bilden, mit sub­ato­marer räum­licher Auf­lösung inner­halb weniger Femto­sekunden zu ver­folgen. Vor zwanzig Jahren wurde erstmals vorge­schlagen, die Elek­tronen des Mole­küls selbst zu nutzen, um seine Struktur abzu­bilden: Man bringe dem Molekül also bei, ein Selfie von sich zu schießen.

Abb.: Schematische Darstellung des Auf­bruchs einer mole­ku­laren Bindung in Acetylen. (Bild: ICFO / Scixel)

Jetzt gelang Forschern des Institute of Photonic Sciences ICFO in Barcelona, des MPI für Kern­physik sowie weiterer Insti­tu­tionen in Deutsch­land, den Nieder­landen, Däne­mark und den USA hierzu ein entschei­dender Durch­bruch. Dem Team gelang die Abbil­dung des Auf­bruchs einer chemischen Bindung in Acetylen inner­halb von neun Femto­sekunden, nachdem das Molekül ioni­siert wurde. Die Forscher ver­folgten sämt­liche Atome in einem einzelnen Acetylen-Molekül mit einer räum­lichen Präzi­sion von 0,05 Ång­ström mit einer zeit­lichen Präzi­sion von 0,6 Femto­sekunden. Dabei konnten sie den Aufbruch einer bestimmten einzelnen Bindung des Moleküls aus­lösen und beob­achten, wie ein Proton das Molekül verlässt. Nachdem das Team gezeigt hat, dass die erfor­der­liche räum­liche und zeit­liche Auf­lösung aus­reicht, um Schnapp­schüsse der mole­ku­laren Dynamik zu erhalten, möchten die Forscher das Ver­fahren auf andere Mole­küle wie Kata­lysa­toren oder bio­lo­gisch rele­vante Systeme anwenden.

Die beteiligten Wissenschaftler in Barcelona entwickelten eine ultra­schnelle Laser­quelle für den mittleren Infra­rot-Bereich und kombi­nierten diese mit einem Reaktions­mikro­skop. Dieses erlaubt eine kine­matisch voll­ständige Erfas­sung der drei­dimen­sionalen Impuls­ver­teilung der frei­ge­setzten Elek­tronen und Ionen in Koinzi­denz. Es werden also alle gela­denen Bruch­stücke des Moleküls gleich­zeitig nach­ge­wiesen und der Reaktion zuge­ordnet. Entwickelt und gebaut wurde das Reaktions­mikro­skop am MPI für Kern­physik. Hier wurde diese Art der Impuls­spektro­skopie bereits seit Jahren erfolg­reich zur Unter­suchung zeit­aufge­löster Molekül­dynamik in starken Laser­feldern einge­setzt. Im Experi­ment am ICFO richten die Forscher zunächst ein einzelnes Acetylen-Molekül mit einem kurzen Laser­puls räum­lich aus und ioni­sieren es dann mit einem zweiten, aus­reichend starken Laser­puls.

Das freigesetzte Elektron wird vom Laserfeld wieder zum Ursprungs-Molekül zurück­ge­trieben, wobei es an diesem streut – alles inner­halb von neun Femto­sekunden. Auf­grund seiner quanten­mecha­nischen Wellen­eigen­schaft bildet das Elektron bei diesem Streu­prozess das gesamte Molekül ab und erlaubt so eine Rekon­struk­tion von dessen Struktur. Wie Forscher zeigen konnten, ändert die Orien­tierung des Moleküls relativ zur Richtung des elektrischen Feldes des Lasers ganz grund­legend die Dynamik der Reaktion. Bei paral­leler Aus­richtung wurde eine Vibra­tion des Moleküls ent­lang der Feld­richtung beob­achtet, während bei senk­rechter Aus­richtung eine der C–H-Bindungen auf­brach.

MPIK / RK

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