09.11.2012

Molekül treibt „Stimmgabel“

Die Energie aus der stochastischen Bewegung einzelner Wasserstoffmoleküle kann eine „mechanische Maschine“ antreiben.

Forschern der Freien Universität Berlin gelang es, zufällige Fluktuationen, denen viele Vorgänge in der Natur unterliegen – etwa der Strömung von Flüssigkeiten oder elektromagnetischer Strahlung – auf künstliche Nanostrukturen zu übertragen. In dem Versuch konnten die Wissenschaftler periodische Oszillationen der Spitze eines Rasterkraftmikroskops (AFM) – einer Art Stimmgabel – mit der stochastischen Bewegung eines einzelnen Wasserstoffmoleküls antreiben. Die Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten zur Entwicklung molekularer Motoren.

Abb.: Skizze der gekoppelten Dynamik von H2-Molekül-Fluktuationen und periodischer Bewegungen der AFM-Spitze. (Bild: C. Lotze et al., Science)

„Dies bedeutet, dass das kleinst-mögliche Molekül, das Wasserstoffmolekül, eine 1019 mal größere Masse in Schwingung versetzen kann“, erklärt Nacho Pascual, einer der Autoren. Das Experiment beruht auf dem Prinzip der „Stochastischen Resonanz“, nach dem das Zusammenspiel der zufälligen Bewegung des Wasserstoffmoleküls mit der periodischen Bewegung des Oszillators zu einer verstärkten Energieübertragung von Molekül zu Oszillator führt.

Hierzu wurde das Wasserstoffmolekül in einer winzigen Lücke zwischen einer flachen Metalloberfläche und der atomar scharfen Drahtspitze eines AFM eingeschlossen. Die stochastische Bewegung des Wasserstoffmoleküls übte nun eine antreibende Kraft auf die AFM-Spitze aus. Die Oszillation der Spitze versetzte wiederum die Moleküle in Bewegung. Dieses Wechselspiel führte zu einem gemeinsamen „Tanz“ von Molekül und Spitze, bei dem sich die Schwingung der Stimmgabel weit über die Ausdehnung der Moleküle hinaus aufschaukelte.

„Die stochastische Bewegung der Moleküle wird im Experiment durch einen aufgeprägten Stromfluss zwischen Spitze und Metalloberfläche ausgelöst“, erklärt Nacho Pascual, „prinzipiell könnte man sich aber auch andere Anregungsmechanismen vorstellen, etwa Licht.“ Die Energieumwandlung via Stochastische Resonanz ist in der Natur auch von molekularen Maschinen in der Zelle bekannt. „Ein interessanter Aspekt unserer Resultate ist, dass derselbe Mechanismus in künstlichen, molekularen Motoren eingesetzt werden könnte“, erklärt Felix von Oppen, dessen theoretische Modellierung wichtig für die Interpretation der experimentellen Ergebnisse war. Das Ziel der Forscher wird es nun sein weitere Quellen molekularen Rauschens wie elektronische oder magnetische Fluktuationen zu finden, um die Effizienz der Energieübertragung auf den mechanischen Oszillator zu optimieren.

FU Berlin / PH

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