Molekulare Diode jenseits des Landau-Limits
Neuartige Nanodiode nutzt elektrostatischen Effekt und zeigt bislang unerreichte Güte.
Die Nanoelektronik besitzt einige Tücken. Auf der einen Seite versprechen immer kleinere Schaltkreise einen Zuwachs an Effizienz und Geschwindigkeit. Andererseits spielen in atomaren Dimensionen quantenmechanische Effekte wie etwa der Tunneleffekt eine immer größere Rolle, der für Leckströme sorgt und damit mögliche Effizienzgewinne wieder zunichte macht oder sogar Signalströme soweit verrauscht, dass sie unleserlich werden. Ein essenzielles elektronisches Bauteil ist die Diode, die Strom nur in einer Richtung durchlässt. Bislang war die Güte winziger Nanodioden aus den genannten Gründen allerdings beschränkt. Wissenschaftler aus Singapur weisen nun einen interessanten Weg, diese Einschränkungen zu umgehen.
Abb.: Je nach angelegter Spannung treten die Diodenmoleküle in eine Coulomb- oder eine Van-der-Waals-
Eine gute Diode lässt möglichst viel Strom in eine Richtung durch – und nur in diese. Während in der Elektrotechnik Halbleiterdioden eine sehr gute Gleichrichtungsfähigkeit besitzen, sind Dioden im Nanobereich aufgrund des Tunneleffekts ziemlich limitiert. Nach der Landau-
Die Forschergruppe unter Leitung von Christian Nijhuis an der Nationalen Universität von Singapur hat dieses Limit mit Hilfe einer geschickt konstruierten Nanodiode nun weit überboten. Der zentrale Teil der Diode besteht aus einer Molekülkette aus zwei Ferrocenyl-
Der Clou an diesem Aufbau: Wenn die angelegte Spannung in die richtige Richtung weist, biegen sich die Diodenmoleküle ein Stück weit zur oberen Elektrode, wodurch sich der Kontakt deutlich verstärkt. In Gegenrichtung bleibt dieser elektrostatische Effekt aus, so dass kaum noch Strom fließen können. Auf diese Weise erreichen die Wissenschaftler ein im Bereich der Nanoelektronik außergewöhnlich hohes Verhältnis von 6 × 105 zwischen „an“ und „aus“.
Um diesen Effekt zu verifizieren, stellten die Forscher einerseits Berechnungen zur Form der Moleküle bei verschiedenen Diodenspannungen an, die die gemessenen Werte bestätigen. Zur genaueren Analyse plazierten die Wissenschaftler die Diode dann nochmals auf einer semi-
Abb.: Bei höherer Spannung nimmt die Anzahl der Kontakte zwischen den Molekülen in der Diode und der Grenzfläche zu. (Bild: A. Aviram & M. A. Ratner)
Die Lichtemission beginnt erst ab einer Spannung von ungefähr 2,4 Volt und nimmt dann stetig zu. Das spricht dafür, dass die Diodenmoleküle sich tatsächlich durch elektrostatische Effekte zur oberen Elektrode hin ausrichten. Liegt die Spannung einmal an, bleiben die Lichtpunkte auch ortsfest und wandern nicht im Material. Es gelang den Wissenschaftlern jedoch nicht zu bestimmen, ob die Lichtpunkte jeweils von einzelnen Molekülen stammen oder von einem ganzen Bündel von Molekülen, die sich gemeinsam aufgerichtet haben.
Die neuen Dioden besitzen etwa im Vergleich zu mikroelektromechanischen Schaltern den Vorteil, schon bei sehr geringen Spannungen unterhalb von drei Volt zu funktionieren. Das ist entscheidend für den Bau energieeffizienter Schaltungen. Die Forscher gehen auch davon aus, dass sich dieser Wert durch geschicktes Design der Diodenmoleküle noch ein gutes Stück weit verbessern lassen sollte. Auch an einigen anderen Stellen besteht noch die Möglichkeit zur Optimierung. So wäre es etwa wünschenswert, einen noch stärkeren Kontakt zwischen den Diodenmolekülen und der oberen Elektrode herzustellen.
Dank der geschickten Bauweise könnten sich in Zukunft Nanoschaltungen realisieren lassen, die eine Reihe wünschenswerter Eigenschaften aufweisen. So könnten sowohl hocheffiziente als auch ultraschnelle elektronische Schaltkreise möglich werden. Wie gut diese letztlich funktionieren und ob sie sich in der Elektronikindustrie durchsetzen werden, wird aber insbesondere davon abhängen, welche Arten maßgeschneiderter Molekülen von ihren elektronischen und elektrostatischen Eigenschaften her infrage kommen und wie gut sich diese in elektrostatisch verstärkten Nanodioden integrieren lassen.
Dirk Eidemüller
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