05.07.2019

Molekulare Energiemaschine als Filmstar

Synchrotron-Lichtquelle zeigt Energiegewinnung an Zellmembranen.

Strukturelle Änderungen in Proteinen sind in allen Lebewesen für vielerlei biochemisch gesteuerte Funktionen verantwortlich, zum Beispiel der Energiegewinnung an Zellmembranen. So kommt das Protein Bacteriorhodopsin in Mikroorganismen vor, die an der Oberfläche von Gewässern leben. Angeregt durch Sonnenlicht pumpt das Molekül Protonen, durch die Zellmembran vom Zellinneren nach außen. Dabei verändert es fortwährend seine Struktur. Einen Teil dieses Vorgangs konnten Forscher des Paul-Scherrer-Instituts in der Schweiz bereits durch Experimente an Freie-Elektronen-Röntgenlasern wie dem Swiss FEL aufklären. jetzt ist es ihnen gelungen, auch den noch unbekannten Teil des Prozesses in einer Art molekularem Film aufzuzeichnen. Hierfür entwickelten sie eine Methode für die Synchrotron-Lichtquelle Schweiz  weiter, die vorher nur an den FEL anwendbar war.

Abb.: Tobias Weinert mit dem Versuchsaufbau für die...
Abb.: Tobias Weinert mit dem Versuchsaufbau für die Anregungs-Abfrage-Kristallografie: Aus einem Injektor fließt ein fünfzig Mikrometer dünner Strom einer zahnpastaartigen Masse mit den darin gewachsenen Proteinkristallen. Eine kleine Laserdiode wird über Spiegel und Linsen geleitet und auf den gleichen Punkt fokussiert, auf den der Röntgenstrahl trifft. (Bild: M. Fischer, PSI)

Um solche Prozesse beobachten zu können, verwenden die Forscher die Pump-Probe- oder Anregungs-Abfrage-Kristallografie. Mit dieser Methode können sie Schnappschüsse der Proteinbewegungen aufnehmen, die sie dann zu Filmen zusammensetzen. Für die Experimente werden Proteine in Kristallform gebracht. Ein Laserstrahl löst die Bewegungskette im Protein aus. Röntgenstrahlen, die danach auf die Probe treffen, erzeugen Beugungsbilder, die von einem hochauflösenden Detektor aufgenommen werden. Computer berechnen daraus dann ein Bild der Proteinstruktur zum jeweiligen Zeitpunkt. Der aus den Messungen an der SLS entstandene Film zeigt, was für Strukturveränderungen im Molekül Bacteriorhodopsin in den nächsten zweihundert Millisekunden passieren, nachdem es durch Licht angeregt wurde. Damit ist nun ein kompletter Photozyklus des Moleküls aufgeklärt.

Bacteriorhodopsin fungiert als biologische Maschine, die Protonen vom Inneren der Zelle durch die Membran nach außen pumpt. Dadurch entsteht ein Konzentrationsgefälle an der Zellmembran. An ihrer Außenseite befinden sich mehr Protonen als an ihrer Innenseite. Dieses Gefälle nutzt die Zelle, um Energie für ihren Stoffwechsel zu gewinnen, indem sie den Protonen an anderer Stelle erlaubt, ihre außerhalb und innerhalb unterschiedlichen Konzentrationen auszugleichen. Dabei produziert sie ATP, einen universellen Energieträger in Lebewesen. Anschließend stellt Bacteriorhodopsin das Konzentrationsgefälle wieder her.

„Bei der neuen Studie konnten wir nun die größten je in Echtzeit aufgenommenen, strukturellen Veränderungen eines Moleküls sehen“, erklärt  Tobias Weinert vom PSI. Durch diese strukturellen Änderungen des Proteins öffnet sich eine Lücke im Protein, in der sich eine Kette von Wassermolekülen bildet, die für den Protonentransport durch die Zellmembran verantwortlich ist. „Diese Wasserkette hat noch niemand vor uns direkt beobachtet“, so der Forscher.

PSI / RK

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