11.12.2006

Molekulare Selbstorganisation

Wie muss eine Goldoberfläche ausgestattet sein, damit Fullerenmoleküle darauf in einer bestimmten „Sitzordnung“ Platz nehmen können?



Wie muss eine Goldoberfläche ausgestattet sein, damit Fullerenmoleküle darauf in einer bestimmten „Sitzordnung“ Platz nehmen können?

Schon seit geraumer Zeit untersuchen Physikerinnen und Physiker, wie Oberflächen beschaffen sein müssen, damit sich Moleküle darauf in bestimmten Mustern anordnen. Ihr Ziel: Die Moleküle sollen auf der präparierten Oberfläche wohldefinierte Strukturen im Nanometerbereich bilden. Kürzlich haben Forscher der EMPA (Schweiz) in einer Studie gezeigt, wie eine Goldoberfläche ausgestattet sein muss, damit Fullerenmoleküle darauf in einer bestimmten „Sitzordnung“ Platz nehmen können. Von der gezielten Selbstorganisation gewisser Moleküle versprechen sich Forschungskreise neuartige Anwendungen in der Sensorik, der molekularen Elektronik oder der Katalyse.

In der Oktober-Ausgabe des „Journal of Physical Chemistry“ schreiben Roman Fasel und sein Teams, wie sich auf einer besonders präparierten Goldoberfläche, Fullerenmoleküle (C 60) – die aus 60 Kohlenstoffatomen bestehenden so genannten „Buckyballs“ – regelmäßig anordnen. Der Trick besteht darin, den Buckyballs auf einer speziell zugeschnittenen, stufenartigen Oberfläche „Sitzgelegenheiten“ anzubieten, wo sie sich stets in der gleichen „Sitzordnung“ niederlassen.

Abb.: Unter dem Rastertunnelmikroskop: Fullerene (C 60) bilden auf gestuften Goldoberflächen zweidimensionale Gitter aus Fulleren-Nanoketten. (Quelle: EMPA)

Als „tribünenartigen Parkettraum“ benutzten die Nanoforscher eine Goldoberfläche mit kleinen Treppenstufen. Auf den einzelnen Treppenstufen wiederum entstand nun eine Struktur mit sich rhythmisch abwechselnden Bereichen von unterschiedlich angeordneten Goldatomen. Treppenstufen und das Stufenmuster bildeten zusammen ein zweidimensionales Gitter. Gaben sie nun Fullerene auf das Substrat, konnten die Wissenschaftler feststellen, dass sich die Moleküle an den immer gleichen Orten des Gitters ansiedeln, nämlich jeweils am unteren Ende der Stufenkanten, in Ketten von meist vier oder fünf Molekülen.

Das Experiment zeige, so Roman Fasel, dass sich die Anordnung von Molekülen durch speziell präparierte Oberflächen steuern lasse. Und dies geschieht erst noch bei Zimmertemperatur. „Vorstellbar sind unendlich viele Kombinationen von sich selbst organisierenden Molekülen auf den entsprechenden Oberflächen“, sagt Fasel. „Wir haben nun an einer bestimmten Kombination vorgeführt, dass eine gezielte Verankerung von Molekülen auf einer Oberfläche prinzipiell möglich ist.“ Mit komplexeren Molekülen sollten sich auf ähnliche Art und Weise dereinst beispielsweise nanometergroße Schaltkreise herstellen lassen, die in winzigen elektronischen Bauteilen eingesetzt werden könnten, so Fasel. Die Zeitschrift „Nature Nanotechnology“ bezeichnete die Studie über die sich selbst organisierenden Moleküle als „Research Highlight“.

Roman Fasel koordiniert auch das von der EU im 6. Rahmenprogramm geförderte Projekt RADSAS (Rational Design and Characterisation of Supramolecular Architectures on Surfaces). In diesem untersuchen und entwickeln die Empa-Forscher zusammen mit Partnern vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz und der University of Liverpool neue Strategien für den kontrollierten Aufbau supramolekularer Strukturen auf Oberflächen. Das langfristige Ziel ist, die molekulare Selbstorganisation so zu verstehen und zu steuern, dass sich Anwendungen auf Nanometerskala nicht nur im Labor, sondern auch für die industrielle Herstellung umsetzen lassen.

Quelle: Empa. Materialforschung und Technologie / M. Peter

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