Molekularer Kippschalter
Gesamtes elektromechanisches Modul misst einen Nanometer.
Die Nanotechnologie macht immer neue Miniaturrekorde möglich. Doch der Verkleinerung elektronischer Bauteile sind physikalische Grenzen gesetzt, die bald erreicht sein werden. Neuartige Materialien und Bauelemente sind gefragt. Hier setzt die molekulare Elektronik an. Wissenschaftlern des Karlsruher Instituts für Technologie KIT ist es jetzt gelungen, einen molekularen Kippschalter zu entwickeln, der nicht nur in der gewählten Position verbleibt, sondern den man auch beliebig oft umlegen kann.
Abb.: Der molekulare Kontakt kann sowohl mechanisch als auch elektrostatisch an- und ausgeschaltet werden. (Künstl. Illu.: KIT)
Indem herkömmliche siliziumbasierte Bauteile wie hier ein Schalter durch einzelne Moleküle ersetzt werden, könne man zukünftig elektronische Schaltkreise konstruieren, die sich mehr als hundertfach enger auf einen Chip integrieren lassen, sagt Lukas Gerhard vom Institut für Nanotechnologie. Das Grundgerüst des elektromechanischen Molekülschalters besteht aus nur wenigen Kohlenstoffatomen. Drei Schwefelatome bilden die Füße, die auf einer glatten Goldoberfläche fixiert sind. Der Kipphebel endet in einer Nitrilgruppe mit einem Stickstoffatom. Umgelegt wird er, indem eine Spannung angelegt wird und durch das resultierende elektrische Feld eine Kraft auf die Ladung des Stickstoffatoms ausgeübt wird. Dadurch wird Kontakt zu einer zweiten Elektrode – hier der Goldspitze eines Rastertunnelmikroskops – hergestellt.
Der gesamte Schalter misst gerade mal einen Nanometer. Zum Vergleich: Allein die kleinsten in der Halbleitertechnik verwendeten Strukturen haben eine Größe von zehn Nanometern. „Die molekulare Elektronik wäre also ein sehr großer Fortschritt“, sagt Gerhard. Bemerkenswert ist indes nicht nur die Größe des Schalters, sondern vor allem, dass er zuverlässig und vorhersehbar arbeitet. Das heißt, eine Betätigung führt immer eindeutig zu einem Schaltzustand, der Kontakt ist also entweder offen oder geschlossen. Bislang scheiterte die Umsetzung dieses Prinzips oft daran, dass die elektrische Kontaktierung einzelner Moleküle nur unzureichend kontrollierbar war. Den KIT-Forschern ist es jetzt erstmalig geglückt, einen solchen Kontakt zwischen Molekül und Goldspitze elektrisch und mechanisch beliebig oft zu öffnen und zu schließen, ohne dass plastische Verformungen auftraten.
Der Fortschritt in der synthetischen Chemie habe zwar dazu geführt, dass eine große Vielfalt von unterschiedlichen molekularen Bausteinen in milliardenfacher, Atom für Atom identischer Ausfertigung bereitgestellt werden könne, so Gerhard. „Um sie aber miteinander verschalten zu können, muss man sie so schonend berühren können, dass sie dabei nicht beschädigt werden.“ Darin, dass eine so schonende Verfahrensweise nun erstmals gelungen sei, sieht er die entscheidende Neuerung.
KIT / JOL