20.10.2009

Monsun ohne Regen

Ein sich selbst verstärkender Effekt erhält derzeit Monsunwinde aufrecht, könnte die Luftzirkulation über Land und Meer jedoch auch unterbrechen, wie modellhafte Berechnungen zeigen.

Ein sich selbst verstärkender Effekt erhält derzeit Monsunwinde aufrecht, könnte die Luftzirkulation über Land und Meer jedoch auch unterbrechen, wie modellhafte Berechnungen zeigen.

Die regelmäßigen Niederschläge des Monsuns könnten von einem aufs andere Jahr oder über Monate innerhalb einer Saison ausbleiben – starke Luftverschmutzung könnte solch einen Abbruch herbeiführen, berichten Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Die globale Erwärmung erhöhe das Risiko abrupter Übergänge des Monsuns zwischen niederschlagsreichen und trockenen Phasen. Das Team um Anders Levermann ging der Frage nach, wie solche Schwankungen oder Abbrüche der Monsunzirkulationen zustande kommen können. "Unsere Analyse zeigt auf Basis von Beobachtungen, dass Monsunsysteme zwei stabile Zustände haben könnten", sagt Levermann. Zwischen beiden Zuständen seien abrupte Übergänge möglich.

Abb.: Skizze des Modellkonzepts und des Rückkopplungsmechanismus (W = Wind, P = Niederschlag, R = Sonneneinstrahlung) (Bild: PIK)

Die treibende Kraft der Monsunzirkulationen sind unterschiedliche Lufttemperaturen. Im Frühling wird die Luft über Land stärker erwärmt als über dem Meer. Die warme Luft steigt auf und zieht feuchte und kühlere Luft vom Meer nach. Die über Land einsetzenden Niederschläge haben zwei Effekte: Zum einen kühlen sie die Landoberfläche, zum anderen wird aber latente Wärme freigesetzt, wenn Wasserdampf zu Regentropfen kondensiert. Je mehr feuchte Luft zum Land transportiert wird und dort abregnet, umso mehr Wärme wird freigesetzt und umso mehr feuchte Luft vom Meer nachgesogen. Diese Selbstverstärkung, die so genannte Feuchte-Advektions-Rückkopplung, erhält die Temperaturdifferenz und die Zirkulation aufrecht. Der Mechanismus ist allerdings anfällig und könnte schon bei kleinen Störungen abrupte Veränderungen verursachen, berichten die Autoren.

Sie haben nun ein konzeptionelles Monsunmodell entwickelt, das die Rückkopplung abbildet. Die zugrunde liegenden Gleichungen zeigen, dass die Sonneneinstrahlung einen Schwellenwert übersteigen muss, um eine Monsunzirkulation in Gang zu setzen. Wird dieser Schwellenwert nicht erreicht, etwa aufgrund starker Luftverschmutzung, setzt keine Zirkulation ein. Oberhalb des kritischen Wertes sind zwei stabile Zustände möglich: einer mit und einer ohne Zirkulation.

Daraus ergeben sich zwei Möglichkeiten für abrupte Übergänge zwischen den stabilen Zuständen: Klimatische Veränderungen könnten das Zirkulationssystem über den Schwellenwert führen. Der Übergang würde von einer auf die andere Monsunsaison stattfinden und der neue Zustand so lange anhalten wie die Klimaänderung. Die zweite Möglichkeit für einen abrupten Übergang besteht zwischen den beiden stabilen Zuständen oberhalb des Schwellenwertes - in dem Bereich, in dem sich die Monsunsysteme heute befinden. Innerhalb einer Saison könnte eine Abschwächung der Monsunwinde und der Freisetzung latenter Wärme über Land dazu führen, dass die Temperaturdifferenz zwischen Land und Meer zu gering wird und die Zirkulation abbricht.

Die Forscher grenzten mithilfe des Modells und anhand von Beobachtungsdaten aus den letzten 60 Jahren Schwellenwerte von Monsunsystemen in Indien, China, Bangladesch, Westafrika, Nordamerika und Australien ein. "Künftig wollen wir genauere Aussagen über die Anfälligkeit der Monsunsysteme treffen können", sagt Jacob Schewe, ein Mitautor der Studie. Die vorläufigen Abschätzungen seien noch mit großen Unsicherheiten belegt. Während fortschreitende globale Erwärmung die Niederschlagsmenge erhöhen würde, könnte zunehmende Luftverschmutzung, etwa in Indien und China, die Stabilität der dortigen Monsunsysteme einschränken. "Der Wechsel zwischen regenreichen und extrem regenarmen Monaten könnte die Anpassungsfähigkeit der Menschen in den betroffenen Regionen überfordern", sagt Schewe. Die Forscher möchten daher in weiteren Studien untersuchen, wie groß das Risiko abrupter Übergänge in den verschiedenen Monsunregionen ist.

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung


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