26.09.2019

Morphogenese von Muschelschalen

Materialphysik bestimmt Muster bei der Mineralisation.

Die Arbeitsgruppe von Igor Zlotnikov vom Center for Molecular Bioengineering (B CUBE) der TU Dresden hat erforscht, welch starken Einfluss die Material­physik auf die möglichen Strukturen hat, die Muschelschalen produzieren können. Diese Forschungs­ergebnisse zeigen, wie grundlegende physikalische Gesetze der Kristall­wachstums­kinetik und der Thermodynamik die Ausgänge der Evolution einschränken können und wie sie helfen zu erklären, warum wir im Laufe von Hunderten von Jahrmillionen wiederholt die Entwicklung bestimmter Strukturen sehen. 
 

Abb.: Die Ultrastruktur der Muschel­schale von Nautilus pompilius (l.),...
Abb.: Die Ultrastruktur der Muschel­schale von Nautilus pompilius (l.), simulierte Ultra­struktur der Muschel (r.; Bild: I. Zlotnikov, T. Pusztai, L. Gránásy)

Muschelschalen bestehen aus einer Vielzahl von komplexen molekularen Feinstrukturen aus mineralisch-organischen Verbund­material, sogenannte Ultrastrukturen. Überraschender­weise enthalten Schalen verschiedener unabhängig voneinander entwickelter Arten in einigen Fällen ähnliche morphologische Muster auf vielen verschiedenen Längen­skalen, vom Nano- bis zum Mikromaßstab. In den letzten Jahrzehnten gab es bedeutende Fortschritte bei der Untersuchung der wichtigsten biochemischen Mechanismen, die für die biogene Mineral­bildung verantwortlich sind. 

Es ist jedoch wenig darüber bekannt, wie die Organismen die Form der einzelnen mineralischen Bausteine aus den verschiedenen Hüllen­architekturen steuern und damit die Morphologie dieser artspezifischen mineralisch-organischen Zusammen­setzungen bestimmen. Die Forschungsgruppe Zlotnikov hat nun in Zusammen­arbeit mit Wissenschaftlern des Wigner Research Centre for Physics in Budapest, Ungarn, einen umfassenden experimentellen und theoretischen Rahmen entwickelt, um den Prozess der ultra­strukturellen Morphogenese von Muschelschalen analytisch zu beschreiben. Sie zeigten vor allem, dass die Bildung dieses hochbiomineralisierten Gewebes gesteuert wird, indem die Organismen die chemischen und physikalischen Randbedingungen regulieren, die die Wachstums­kinetik der mineralischen Phase steuern.

Durch die Darstellung eines direkten Zusammenhangs zwischen der Materialphysik und dem Prozess der biomineralisierten Gewebe­morphogenese wirft das Team ein neues Licht auf den evolutionären Aspekt der Herstellung biologischer Materialien.

TU Dresden / DE 
 

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