13.10.2016

Mysterium Monsterwelle

Berliner Studie zeigt einen neuen Ansatz zur Erklärung der seltenen Wellenphänomene.

Monster­wellen sind extrem hohe Ozean­wellen, welche die signi­fikante Wellen­höhe um mehr als einen Faktor 2 überschreiten. Diese Wellen sind sehr selten, und weniger als jede hundert­tausendste Welle überschreitet die Schwelle zur Monsterw­elle. Die Existenz solcher Wellen war bis in die 1990er Jahre umstritten; in den letzten 20 Jahren sind jedoch tausende solcher Ereignisse auf Ölbohr­plattformen registriert worden. Jetzt gibt es einen neuen Ansatz, der Licht in das Mysterium der Monster­wellen bringen könnte.

Abb.: Numerische Simulationen prototypischer Monsterwellenereignisse. Oben links: normaler Ozeanzustand. Oben rechts: Monsterwellenloch. Unten links: (positive) Monsterwelle. Unten rechts: Monsterwellengruppe, auch bekannt als „Die drei Schwestern“. (Bild: MBI)

Trotz all dieses Fortschritts ist die Ursache für das Auftreten von Monster­wellen immer noch ungeklärt. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Theorien, die im Wesent­lichen in zwei Kategorien fallen, nämlich lineare und nicht­lineare Theorien. Lineare Theorien unterstellen, dass Monster­wellen aufgrund zufälliger linearer Überlagerung von vielen Einzelwellen entstehen. Wenn diese Theorien richtig sind, dann ist es einfach Pech, wenn ein Schiff von solch einer Welle getroffen wird, und man kann prinzipiell nicht viel tun, um so ein Ereignis vorauszusehen. In den letzten Jahren haben hingegen nicht­lineare Theorien viel Zulauf gefunden. Sie versprechen, dass es vielleicht charak­teristische Wellenmuster geben könnte, die es erlauben würden Monster­wellen vorherzusagen. Dieses klingt sicherlich viel­versprechend; dennoch können weder lineare noch nichtlineare Modelle die Wahrschein­lichkeit für das Auftreten von Monster­wellen zufrieden­stellend erklären.

In einer Zusammen­arbeit mit der Leibniz-Universität in Hannover und der Technischen Univer­sität in Dortmund berichtet nun die Gruppe von Günter Steinmeyer über einen neuen Ansatz, der Licht in das Mysterium der Monster­wellen bringen könnte. Dieser Ansatz schlägt vor, die Komplexität der Wellen­dynamik mittels der Phasen­raumdimension zu messen. Dieses Maß der Komplexität schätzt die effektive Anzahl der in einem Punkt inter­ferierenden Wellen ab und kann unmittelbar aus einzelnen Messung der Wellen­dynamik an einer festen Position abgeleitet werden. Solch ein Mess­verfahren könnte daher auf einem Schiff installiert werden, wo es eine frühe Warnung vor Monster­wellen ermöglichen könnte.

Ein weiteres Resultat der Studie ist die Tatsache, dass die Phasen­raum­dimen­sion variabel ist. Während der aller­meisten Zeit ist die Dynamik der Ozean­oberfläche relativ einfach strukturiert. Selbst innerhalb heftiger Stürme dominieren Situationen, in denen prinzipiell keine oder nur sehr selten Monster­wellen entstehen können. Dieses kann sich jedoch drastisch ändern, wenn sich eine Vielzahl von Wellen überlagert, etwa wenn sich zwei verschiedene Wellen­gruppen aus ver­schiedenen Richtungen überlagern. Unter diesen Bedingungen kann sich die Wahrschein­lichkeit für Monster­wellen plötzlich zehnfach erhöhen. Die Dimensions­analyse erlaubt es nun, solche Situationen frühzeitig zu erkennen. Eine derartige Analyse wird es dennoch nicht erlauben, eine einzelne Monster­welle rechtzeitig vorherzusagen. Obwohl der Ozean also ein sehr komplexes physi­kalisches System ist, so ist seine Dynamik offenbar von linearen Mecha­nismen dominiert.

Die Studie eröffnet daher eine neue Perspektive für das Verständnis von Monster­wellen. Bisherige Forschung hat sich sehr auf die Rolle von Nicht­linearitäten im Ozean konzentriert, aber es scheint nun, dass Nicht­linearitäten doch nur eine geringe Rolle in diesen extremen Ereignissen spielen. Im Gegensatz zu den Nicht­linearitäten wurde die Rolle von Winden über dem Ozean bisher meist vernach­lässigt. Es ist aber gerade der Wind, welcher Ozean­wellen primär erzeugt. Hier scheint es nun möglich, kreuzende Wellen­gruppen durch meteoro­logische Analysen frühzeitig zu erkennen. Die Vorher­sage des Einzel­ereignisses mag ein Mysterium bleiben, aber vielleicht lässt sich bald das Risiko für das Entstehen von Monster­wellen auf dem Ozean Stunden oder sogar Tage voraussagen.

MBI / JOL

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