Nachhaltige Kühlung für Quantentechnologien
Neu entwickelte Kühlmaterialien wurden bereits patentiert – Kühlsystem kommt ohne Helium-3 aus.
Eine nachhaltige, nicht vom seltenen Helium abhängige, Kühlmethode für Quantentechnologie entwickeln Forscher der Universität Augsburg. Die Erfindung soll im nächsten Schritt zu einem Unternehmen ausgegründet werden. Für dieses Vorhaben und die Vorarbeiten dazu wurde das Projektteam „Solidcryo“ jetzt mit dem ersten Preis des Businessplan-Wettbewerbs Schwaben ausgezeichnet.
Quantentechnologie gilt als Schlüsseltechnologie unseres Jahrhunderts, die – weiter erforscht – erhebliche technische Möglichkeiten verspricht. Quantencomputer und -sensoren benötigen jedoch oft eine sehr kalte Umgebung unter –272 Grad Celsius. Momentan wird das äußerst seltene Gas Helium-3 zusammen mit Helium-4 eingesetzt, um die notwendigen Kühlanlagen zu betreiben. Helium ist eine knappe, fossile Ressource, deren ständig abnehmende Verfügbarkeit zu Preissprüngen und Versorgungsengpässen führt. Deshalb entwickelt ein Team von Nachwuchs-Wissenschaftlern an der Uni Augsburg ein Kühlsystem, das ohne Helium-3 auskommt. Das Projektteam „Solidcryo“ konstruiert Kühlkörper und -systeme für Tieftemperaturanwendungen in der Forschung.
„Unsere Materialien erreichen die für supraleitende Quantentechnologie benötigten Temperaturen unter 20 Millikelvin bei gleichzeitig hoher Kühlleistung und bieten im Vergleich zu bisherigen Lösungen viele Vorteile“, erklärt Anna Moser. Die Physikerin ist einer der vier Köpfe von Solidcryo, neben dem Physiker Marvin Klinger, dem Ingenieur Jorginho Villar Guerrero und dem Betriebswirt Paul Bittner. Das Projekt ist am Lehrstuhl für Experimentalphysik VI der Uni Augsburg angesiedelt und wird von Philipp Gegenwart und Anton Jesche betreut.
Die an der Uni Augsburg entwickelten Kühlmaterialien wurden bereits patentiert. „Unser Ziel sind die Konstruktion und der Vertrieb einer nachhaltigen Helium-3-freien Kühlanalage. Wir möchten eine Anwendung für die Quantenindustrie entwickeln, die zuverlässig, effizient und wirtschaftlich arbeitet. Bislang gibt es keine kosteneffiziente, Helium-3-freie Kühlung unter 50 Millikelvin. Solidcryo wird diese Marktlücke füllen“, sagt Klinger. Bislang verfügbare Materialien für die adiabatische Entmagnetisierungskühlung sind sehr aufwändig in der Herstellung und eignen sich nicht für eine breite Anwendung im wachsenden Quantentechnikmarkt.
Die Idee zu Solidcryo entstammt der Grundlagenforschung. „Wir haben 2021 entdeckt, dass sich frustrierte Quantenmagnete exzellent zur magnetischen Kühlung bei sehr tiefen Temperaturen eignen“, erklärt Gegenwart. „Eine dieser Anwendungen ist die Nutzung für ein Millikelvin-Rastersondenmikroskop, das wir derzeit im Rahmen einer BMBF-Förderung zusammen mit Partnern aufbauen und für das der Lehrstuhl die Kühlmodule entwickelt. An der systematischen Verbesserung der Kühlmaterialien arbeiten wir in einem anderen, DFG-geförderten Projekt.“
U. Augsburg / RK