Nachtspeicherheizung „67P“
Auch nach Einbruch der Dunkelheit bleibt Tschurjumow-Gerassimenko aktiv und spuckt Staubfontänen ins All.
Wenn die Nacht anbricht auf dem Rosetta-Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko, bleibt der bizarr geformte Körper weiterhin aktiv. Das belegen neue Aufnahmen der Ma’at Region auf dem „Kopf“ des Kometen, die OSIRIS, das wissenschaftliche Kamerasystem an Bord der Raumsonde Rosetta, am 25. April dieses Jahres eingefangen hat. Sie entstanden etwa eine halbe Stunde, nachdem die Sonne über dieser Region untergegangen war, und zeigen mehrere klar unterscheidbare Staubfontänen, die ins All entweichen. Wie die Forscher des OSIRIS-Teams annehmen, ist die zunehmende Erwärmung des Kometen für das neu beobachtete Phänomen verantwortlich.
Abb.: In dieser Aufnahme des Rosetta-Kometen, die am 25. April 2015 aus einer Entfernung von etwa 93 km entstand, zeigen sich klar erkennbare Staubfontänen nach Einbruch der Dunkelheit. (Bild: ESA / Rosetta / MPS f. OSIRIS Team) Caption
„Staubfontänen, die auch nach Sonnenuntergang weiter bestehen, beobachten wir erst seit Kurzem“, sagt OSIRIS-Teamleiter Holger Sierks vom MPI für Sonnensystemforschung in Göttingen. In den vergangenen Monaten ging die Aktivität des Kometen von beleuchteten Flächen auf der Tagseite aus. Sobald es dunkelte, kamen die Fontänen zum Erliegen und erwachten erst nach Sonnenaufgang wieder zu neuem Leben. Eine Ausnahme bildet eine Aufnahme vom 12. März 2015, die das Einsetzen einer Staubfontäne während des Morgengrauens zeigt.
Die Fontänen, die nun auch nach Sonnenuntergang auftreten, sind nach Ansicht der OSIRIS-Wissenschaftler ein weiteres Zeichen für die zunehmende Aktivität des Kometen. „Derzeit nähert sich 67P rasch seinem sonnennächsten Punkt, den er bereits Mitte August erreicht“, so Sierks. Zum Zeitpunkt der Aufnahme trennten nur noch etwa 270 Millionen Kilometer Sonne und Komet. „Die Sonneneinstrahlung wird immer intensiver, die beleuchtete Oberfläche immer wärmer“, fügt Sierks hinzu.
Ersten Modellrechnungen zufolge kann der Komet unter seiner Oberfläche diese Wärme für einige Zeit speichern. „Während der oberflächliche Staub nach Sonnenuntergang rasch abkühlt, bleiben tiefer liegende Schichten länger warm“, erklärt OSIRIS-Wissenschaftlerin Xian Shi vom MPS, die die nächtlichen Fontänen untersucht. Dort vermuten Rosetta-Wissenschaftler den Vorrat an gefrorenen Gasen, der die Aktivität des Kometen speist.
Bereits ältere Kometenmissionen wie Stardust zum Kometen 81P/Wild-2 und Deep Impact zum Kometen 9P/Tempel-1 hatten Hinweise auf Fontänen geliefert, die auf der Nachtseite entstehen. „Doch erst die hochaufgelösten Bilder von OSIRIS erlauben es uns nun, dieses Phänomen detailliert zu studieren“, so Sierks.
MPS / OD