16.02.2023

Näher am Ursprung des Lebens

Neuer abiotischer Weg zur Bildung von Aminosäureketten aufgedeckt.

Ein Team von Wissenschaftlern aus Österreich und Frankreich hat einen neuen abiotischen Weg zur Bildung von Peptid­ketten aus Aminosäuren – ein wichtiger chemischer Schritt in der Entstehung von Leben – entdeckt. Die aktuelle Studie liefert einen starken Hinweis, dass dieser entscheidende Schritt für das Entstehen von Leben tatsächlich auch unter den sehr unwirtlichen Bedingungen im Weltraum stattfinden kann.

 

Abb.: Das Leben könnte unter sehr unwirtlichen Bedingungen im Welt­raum...
Abb.: Das Leben könnte unter sehr unwirtlichen Bedingungen im Welt­raum entstanden sein. (Bild: ESA / Hubble & NASA / ESO, K. Noll)

Der Ursprung des Lebens ist eine der großen Fragen der Menschheit. Eine der Voraussetzungen für die Entstehung von Leben ist die abiotische – nicht durch Lebewesen bewirkte, chemische – Erzeugung und Polymerisation von Amino­säuren, den Bausteinen des Lebens. „Zwei Szenarien werden für die Entstehung von Leben auf der Erde diskutiert: Einerseits die erstmalige Erzeugung solcher Aminosäure­ketten auf der Erde und andererseits der Eintrag aus dem Weltall“, erklärt Tilmann Märk von der Universität Innsbruck. „Für letzteres müssten solche Aminosäureketten unter den dafür sehr ungünstigen und unwirtlichen Bedingungen im Weltraum entstehen.“

Ein Forscherteam um Michel Farizon von der Universität Lyon und Tilmann Märk von der Universität Innsbruck hat nun eine bedeutende Entdeckung auf dem Gebiet der abiotischen Peptid­ketten­bildung aus Amino­säuren gemacht, und zwar für die kleinste vorkommende Amino­säure, das Glycin, ein Molekül, das in den vergangenen Jahren bereits mehrfach extraterrestrisch beobachtet wurde. Eine kürzlich im Journal of Physical Chemistry A veröffentlichte Studie, die es auch auf die Titelseite der Zeitschrift schaffte, zeigt, dass kleine Cluster von Glyzinmolekülen bei Energieeintrag Polymerisation zeigen. Es kommt zu einer Reaktion innerhalb eines Clusters bestehend aus zwei Glyzin­molekülen. Aus den zwei Aminosäuren werden ein Dipeptid und ein Wasser­molekül. Auch die Reaktion eines Dipeptids zu einem Tripeptid innerhalb eines Clusters wurde von den ForscherInnen nachgewiesen.

„Unsere Studie wirft Licht auf das bisher weniger beachtete unimolekulare Szenario der Bildung solcher Aminosäureketten unter den extremen Bedingungen des Weltraums“, sagt Michel Farizon. „Wir konnten zeigen, dass das Wachstum von Peptid­ketten durch unimolekulare Reaktionen in angeregten Cluster-Ionen erfolgt, ohne dass ein Kontakt mit einem zusätzlichen Partner wie Staub oder Eis erforderlich ist.“

Die aktuelle Arbeit liefert den Nachweis, dass der erste Schritt zur Entstehung von Leben unter den sehr unwahrscheinlichen Bedingungen des Weltraums stattfinden kann. „Die Studie ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum Verständnis der Ursprünge des Lebens. Die Ergebnisse werden als Grundlage für weitere Forschungen auf diesem Gebiet dienen“, sind Michel Farizon und Tilmann Märk überzeugt.

U. Innsbruck / DE
 

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