Nahe Gravitationslinse bestätigt Einstein
Präzisester Test der Allgemeinen Relativitätstheorie außerhalb der Milchstraße.
Astronomen haben den bisher genauesten Test von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie außerhalb der Milchstraße durchgeführt. Die nahegelegene Galaxie ESO 325-G004 wirkt wie eine starke Gravitationslinse, die das Licht einer fernen Galaxie dahinter verzerrt und einen Einsteinring um ihr Zentrum bildet. Durch den Vergleich der Masse von ESO 325-G004 mit der Krümmung des Weltraums um ihn herum fanden die Astronomen heraus, dass sich die Gravitation auf diesen astronomischen Längenskalen wie von der Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt verhält. Das schließt einige alternative Theorien der Schwerkraft aus.
Abb.: Das MUSE-Instrument am VLT hat die Geschwindigkeit von Sternen in ESO 325-G004 vermessen, um die
Geschwindigkeitsdispersionskarte zu erzeugen, die über dem Bild von Hubble liegt. Das Inset zeigt den Einsteinring, der aus der Verzerrung des Lichtes einer weiter entfernten Quelle durch die Zwischenlinse ESO 325-004 resultiert, die nach Subtraktion des Vordergrundlinsenlichtes sichtbar wird. (Bild: ESO, ESA / Hubble, NASA)
Das Astronomenteam um Thomas Collett von der Universität Portsmouth in Großbritannien hat mit dem MUSE-Instrument am VLT der Eso zunächst die Masse des ESO 325-G004 bestimmt, indem man die Bewegung der Sterne in dieser nahegelegenen elliptischen Galaxie vermessen hat. „Wir haben zum einen anhand von Daten vom Very Large Telescope in Chile ermittelt, wie schnell sich die Sterne in ESO 325-G004 bewegen. So können wir die Masse der Galaxie ableiten, die diese Sterne auf ihrer Umlaufbahn halten muss“, sagt Collett. Aber das Team war auch in der Lage, einen anderen Schwerkraftaspekt zu messen: Mit dem Hubble-Teleskop beobachteten sie einen Einsteinring, der durch das Licht einer fernen Galaxie entsteht, das durch die dazwischenliegende ESO 325-G004 verzerrt wird. Durch die genaue Beobachtung des Rings konnten die Astronomen messen, wie das Licht und damit die Raumzeit durch die riesige Masse von ESO 325-G004 verzerrt wird.
Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sagt voraus, dass massebehaftete Objekte die Raumzeit um sich herum krümmen, wodurch das vorbeiziehende Licht abgelenkt wird. Dies führt zum Gravitationslinseneffekt, der nur bei sehr massereichen Objekten spürbar ist. Einige hundert starke Gravitationslinsen sind bekannt, aber die meisten sind zu weit entfernt, um ihre Masse genau zu messen. Die Galaxie ESO 325-G004 ist jedoch eine der nächstgelegenen Linsen, nur 450 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. „Wir kennen die Masse der Vordergrundgalaxie von MUSE und wir haben die Stärke des Gravitationslinseneffekts mit Hubble gemessen. Wir verglichen dann diese beiden Ansätze, die Stärke der Schwerkraft zu messen. Das Ergebnis war genau das, was die Allgemeine Relativitätstheorie voraussagt, mit einer Unsicherheit von nur neun Prozent. Dies ist der bisher präziseste Test der Allgemeinen Relativitätstheorie außerhalb der Milchstraße. Und das mit nur einer Galaxie“, sagt Collett.
Die Allgemeine Relativitätstheorie wurde mit hoher Genauigkeit auf den Skalen des Sonnensystems getestet und die Bewegung der Sterne im Zentrum der Milchstraße wird detailliert untersucht, aber bislang gab es keine genauen Tests auf noch größeren astronomischen Skalen. Die Prüfung der Langstreckeneigenschaften der Schwerkraft ist entscheidend für die Validierung unseres aktuellen kosmologischen Weltbilds. Diese Erkenntnisse können wichtige Implikationen für Modelle der Gravitation als Alternative zur Allgemeinen Relativitätstheorie haben. Diese alternativen Theorien sagen voraus, dass die Auswirkungen der Schwerkraft auf die Krümmung der Raumzeit skalenabhängig sind. Das bedeutet, dass sich die Schwerkraft über astronomische Längenskalen hinweg anders verhalten sollte als auf den kleineren Skalen des Sonnensystems. Collett und sein Team fanden heraus, dass dies unwahrscheinlich ist, es sei denn, diese Unterschiede treten nur auf Längenskalen auf, die größer als 6000 Lichtjahre sind.
ESO / JOL