Nanoblick in magnetische Strukturen
Anomaler Nernst-Effekt erlaubt eine räumliche Auflösung von bis zu 70 Nanometern.
Eine neuartige Methode erlaubt es, magnetische Nanostrukturen mit einer hohen Auflösung zu untersuchen. Entwickelt wurde sie von Forschenden der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg MLU und des Max-Planck-Instituts für Mikrostrukturphysik in Halle. Die neue Methode erreicht eine Auflösung von rund siebzig Nanometern, normale Lichtmikroskope gerade einmal 500 Nanometer. Das Ergebnis ist eine wichtig für die Entwicklung neuer, energieeffizienter Speichertechnologien auf Grundlage der Spin-Elektronik.
Die neue Methode überwindet die Auflösungsgrenze von Lichtmikroskopen, indem sie den anomalen Nernst-Effekt (ANE) nutzt. So lässt sich in einem magnetischen Metall eine elektrische Spannung erzeugen, die senkrecht zur Magnetisierung und einem Temperaturgefälle steht. „Ein Laserstrahl fokussiert auf die Spitze eines Kraftmikroskops und verursacht so an der Oberfläche der Probe ein räumlich auf die Nanoskala beschränktes Temperaturgefälle“, sagt Georg Woltersdorf vom Institut für Physik. „Diese schwebende metallische Spitze wirkt wie eine Antenne und konzentriert das elektromagnetische Feld in einem winzigen Bereich.“ Damit werden ANE-Messungen mit einer viel besseren Auflösung möglich, als es die herkömmliche Lichtmikroskopie erlaubt. Die veröffentlichten mikroskopischen Aufnahmen des Forscherteams erreichen eine Auflösung von rund siebzig Nanometern.
Bisherige Studien untersuchten magnetische Strukturen mit magnetischer Polarisation in der Ebene und haben den nur das senkrechte Temperaturgefälle betrachtet. Um die magnetische Polarisation senkrecht zur Ebene messen zu können, muss aber auch das Temperaturgefälle in der Probenebene betrachtet werden, so das Forscherteam. Um diese Lücke zu schließen und die Zuverlässigkeit der ANE-Methode bei der Darstellung von magnetischen Strukturen im Nanometerbereich zu demonstrieren, nutzten die Forschenden den Kern eines magnetischen Wirbels als bekannte magnetische Struktur.
Ein besonderer Vorteil der neuen Technik ist, dass sie auch bei antiferromagnetischen Materialien mit chiraler Struktur funktioniert. „Unsere Erkenntnisse sind bedeutsam für die thermoelektrische Bildgebung von spintronischen Bauelementen. Das haben wir auch bereits an chiralen Antiferromagneten nachgewiesen“, sagt Woltersdorf. „Mit unserer neuen Technik schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen haben wir die Ortsauflösung für magnetischer Strukturen stark verbessert, weit über die Möglichkeiten optischer Methoden hinaus. Zum anderen ist sie auch anwendbar auf chirale antiferromagnetische Systeme, was direkt unserem geplanten Exzellenzcluster Center for Chiral Electronics zugutekommt“, sagt er. Gemeinsam mit der Freien Universität Berlin, der Universität Regensburg und dem Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle bewirbt sich die MLU um eine Förderung im Rahmen der Exzellenzstrategie. Ziel der Forschung ist es, die Grundlagen für neue Konzepte für die Elektronik der Zukunft zu legen.
MLU Halle / JOL