21.02.2018

Nanofasern Hand in Hand

Neuartiges Verfahren lässt Hybrid-Proteinnanofasern entstehen.

Ob in Spinnenseide, Holz, dem Raum zwischen Körper­zellen, in Sehnen oder als natürliche Abdeckung kleiner Wunden: Fasern aus Eiweißen finden sich in der Natur sehr häufig. Die kleinen Eiweiß­fasern, von Experten auch Protein­nanofasern genannt, weisen häufig hervor­ragende Eigenschaften, wie hohe Festigkeit, Bio­abbaubar­keit oder anti­bakterielle Wirkung auf. Der Nachbau solcher Protein­fasern ist nicht einfach, geschweige denn, diesen Fasern spezifische Funktionen zuzuordnen. Dass und wie es gelungen ist, Fasern mit neuen Eigenschaften zu erzeugen, beschreiben nun Material­wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena gemeinsam mit einem Team vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena.

Abb.: Hybrid-Proteinnanofasern bei der Entstehung (Bild: I. Firkowska-Boden / FSU Jena)

„Proteinfasern bestehen aus mehreren natürlichen Eiweiß-Makro­molekülen“, erklärt Klaus D. Jandt vom Otto-Schott-Institut für Material­forschung der Uni Jena und fährt fort: „Die Natur baut diese Nano­materialien, die einen Durchmesser von etwa einem Tausendstel eines menschlichen Haares aufweisen, durch Selbst­organisations­prozesse.“ Was für die Natur mit ihrer Jahrmillionen langen Erfahrung kein Problem ist, lässt sich aber meist nicht so einfach vom Menschen nachbauen. Dennoch gelang es Jandt und seiner Gruppe in den vergangenen Jahren, Protein­nano­fasern aus den natürlichen Proteinen Fibrinogen und Fibro­nektin zu erzeugen und die Größe und die Struktur dieser Fasern – linear oder verzweigt – zu steuern.

Als nächstes hatten die Forscher sich das Ziel gesetzt, bestimmte Eigenschaften der Protein­nano­fasern vorzugeben, um diese später als Bausteine in Biosensoren, Wirkstoff­transport­partikeln, optischen Sonden oder Knochen­zementen einzusetzen. Dabei hatten die Jenaer Material­forscher die Idee, zwei verschiedene Eiweiße in einer sich selbst zusammenbauenden Protein­nano­­faser zu kombinieren, um so neue Faser­eigenschaften zu erzeugen. Jandt und sein Team hatten Erfolg: Sie nutzten dazu das Protein Albumin, das für den osmotischen Druck im Blut verantwortlich ist, und Hämoglobin, das Eiweiß des roten Blut­farbstoffs, das zum Sauerstofftransport im Blut dient. Beide Proteine wurden von den Forschern in Ethanol gelöst und anschließend auf 65 Grad Celsius erwärmt. Dabei bildeten sich über mehrere Zwischen­stufen scheinbar selbstständig erstmals neue Hybrid-Protein­nano­fasern, die beide Eiweiße enthielten. Dabei geben die beiden Proteine sich quasi die Hand, das heißt, es verbinden sich ähnliche Abschnitte der beiden Proteine zu einer Faser.

„Der Nachweis, dass diese neuen Hybrid-Protein­nano­fasern wirklich beide Proteine enthalten, war nicht einfach, da diese Fasern so winzig sind und es kaum Mikroskopie­methoden gibt, die Details in den Fasern sehen können“, erklärt Klaus Jandt und ergänzt: „Bei diesem Nachweis haben uns Professor Deckert und sein Team vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien entscheidend unterstützt.“ Volker Deckert und seine Mitarbeiter fanden in den neuen Hybrid-Protein­nano­fasern optische Signale, die sowohl für Albumin, als auch für das Hämoglobin typisch sind wie der Finger­abdruck für einen Menschen. Sie setzten dafür die sogenannte Tip-enhanced Raman Spectroscopy (TERS) ein. „Durch die extreme Empfindlichkeit des Verfahrens konnten wir die unterschiedlichen Proteine sogar ohne spezielle Markierungen unterscheiden und in enger Kooperation mit den Kollegen von Professor Jandt auch eindeutig zuordnen“, sagt Deckert.

In der Erzeugung und dem Nachweis der neuen Nanofasern, die aus mehreren Eiweißen bestehen, sehen die Jenaer Forscher einen Durchbruch. Mit den innovativen Fasern können jetzt ganz neue, größere Strukturen mit gewünschten Eigenschaften gezielt aufgebaut werden, die vorher nicht möglich waren. Netzwerke aus den neuen Nanofasern sollen in Zukunft z. B. als neues Material zur Regeneration von Knochen und Knorpel genutzt werden. „Dadurch ist das Tor aufgestoßen für eine ganz neue Generation von funktionellen Materialien für die Medizin­technik, die Nano­elektronik, Sensorik oder die Optik, die auf natürlichen Stoffen und Bauprinzipien basieren", ist sich Jandt sicher und ergänzt: „Diese bio­mimetischen Prinzipien werden die Werkstoffe der Zukunft entscheidend bestimmen.“ Die Jenaer Forscher sind zuversichtlich, dass dieser neue Selbst­organisations­ansatz erfolgreich auf andere Proteine übertragen werden kann, wenn diese in Teilen die gleichen Amino­säure­sequenzen aufweisen.

FSU / DE

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