Nanofeines Röntgen
Mehrstufige Multischicht-Laue-Linsen ermöglichen Fokusgrößen im Bereich einiger Dutzend Nanometer.
Die Elektronenmikroskopie ermöglicht bereits jetzt die Betrachtung einzelner Atome. Ein kleiner Nachteil der Elektronenmikroskopie ist allerdings, dass die zu untersuchenden Objekte entweder nur an der Oberfläche untersucht werden können oder aufwändig präpariert und häufig zerstört werden müssen. Röntgenstrahlen können diese Limitierungen überwinden, denn sie haben sowohl ein gutes Durchdringungsvermögen als auch die für eine hohe Auflösung erforderliche kurze Wellenlänge. Mehr als 100 Jahre nach der Entdeckung der X-Strahlen durch Wilhelm Conrad Röntgen ist die Herstellung von Röntgenoptiken allerdings immer noch schwierig. Vor allem die Bündelung von harter Röntgenstrahlung auf Fokusgrößen kleiner als 50 Nanometer ist eine große experimentelle Herausforderung. Deshalb sind Mikroskope auf der Basis von Röntgenstrahlen bisher fast nur in Nischenanwendungen zu finden.
Abb.: Schematische Darstellung zweier gekreuzter Multischicht-Laue-Linsen (a), REM-Aufnahme zweier gekreuzter MLL (b; Bild: Fraunhofer IWS)
In den letzten Jahrzehnten wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, um unter Nutzung verschiedener physikalischer Prinzipien effiziente Röntgenoptiken zu entwickeln. Ein vielversprechender Ansatz zur effizienten Fokussierung harter Röntgenstrahlung ist das von Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS Dresden und TU Dresden verfolgte Konzept der sogenannten Multischicht-Laue-Linsen (MLL). Das physikalische Prinzip der Strahlfokussierung ist das gleiche wie bei Fresnelschen Zonenplatten, d. h. Man nützt die Beugung von elektromagnetischen Wellen an einer konzentrischen Ringstruktur aus. Im Unterschied zu den Zonenplatten werden MLL allerdings nicht über lithographische Prozesse, sondern unter Nutzung von Dünnschichtverfahren und anschließender Bearbeitung mit einem fokussierten Ionenstrahl hergestellt.
Die hohe Auflösung lässt sich durch Herstellung dünner und glatter Schichten mit Dicken bis hinab zu einem Nanometer erreichen. Die Dicke der Schichten entspricht dabei der Zonenbreite. Sie liegt bei hochauflösenden Zonenplatten typischerweise im Bereich unter 20 Nanometern. Gleichzeitig kann man bei der Herstellung der MLL das für eine hohe Effizienz der Linsen erforderliche Verhältnis zwischen Zonenbreite und Linsendicke nahezu frei wählen. Eine einzelne MLL ermöglicht dabei allerdings nur eine eindimensionale Strahlfokussierung. Um einen Punktfokus oder eine zweidimensionale optische Abbildung zu erhalten, müssen zwei MLL hintereinander und senkrecht zueinander angeordnet werden.
In der ersten Erprobung der MLL am Elektronenspeicherring PETRA III konnten die Dresdner Forscher für Brennweiten unter 10 Millimeter Fokusgrößen von rund 40 auf 50 Nanometer nachweisen. Durch die Verbesserung der Dickengenauigkeit bei der Beschichtung der MLL ist eine weitere Verringerung der Fokusdurchmesser zu erwarten. Bereits jetzt liegen die Dickenabweichungen vom mathematischen Idealzustand im Bereich von nur noch einem Drittel Prozent. Neueste Messresultate mit MLL und andere Forschungsergebnisse präsentieren die Forscher vom 1. bis 3. Juli 2014 im Rahmen der 10. Nanofair im Internationalen Congress Center Dresden.
Fh.-IWS / DE