Nanohertz-Gravitationswellen auf der Spur

Pulsar Timing Arrays öffnen neues Fenster im Gravitationswellen-Spektrum.

Ein internationales Team europäischer Astronomen hat zusammen mit indischen und japanischen Kollegen die Ergebnisse von mehr als 25 Jahren Beobachtungen mit sechs der empfindlichsten Radioteleskope der Welt veröffentlicht. Zusammen mit anderen inter­nationalen Kollabo­ra­tionen haben das europäische und das indische Pulsar-Timing-Array unabhängig voneinander Beweise für Gravitationswellen bei extrem niedrigen Frequenzen im Nanohertz-Bereich gefunden, die von Paaren extrem massereicher schwarzer Löcher in den Zentren verschmelzender Galaxien stammen könnten. Diese Ergebnisse sind ein entscheidender Meilenstein zur Erschließung eines neuen, astro­physikalisch bedeutenden Bereichs des Gravitations­wellen-Spektrums.

Abb.: Binäre super­masse­reiche schwarze Löcher erzeugt einen Hinter­grund...
Abb.: Binäre super­masse­reiche schwarze Löcher erzeugt einen Hinter­grund aus Gravi­ta­tions­wellen. Wenn eine Gravi­ta­tions­welle das Pulsar-Timing-Array pas­siert, wird die An­kunfts­zeit der Im­pulse auf der Erde um weniger als hun­dert Nano­se­kun­den be­ein­flusst. Viele große Radio­tele­skope auf der ganzen Welt beob­achten Pul­sare über Jahr­zehnte hin­weg ge­nau, um die Gravi­ta­tions­wellen nach­zu­weisen. (Bild: D. Futse­laar, artsource.nl / MPIfR)

„Pulsare sind hervorragende natürliche Uhren. Wir nutzen die unglaubliche Regel­mäßig­keit ihrer Signale, um nach winzigen Veränderungen in ihrem Ticken zu suchen und so die minimalen Dehnungen und Stauchungen der Raumzeit durch Gravitations­wellen aus dem fernen Universum nachzuweisen“, erklärt David Champion, vom MPI für Radio­astronomie in Bonn. Ein Pulsar-Timing-Array ist ein Netzwerk von Pulsaren, die mit einem oder idealerweise mehreren Radioteleskopen beobachtet werden, um nach Gravitations­wellen im Nanohertz-Bereich mit Wellenlängen in der Größenordnung von mehreren Lichtjahren zu suchen.

In den Zentren der meisten Galaxien gibt es supermasse­reiche schwarze Löcher, die mehrere Millionen Mal schwerer sind als die Sonne. Wenn die Pulse der Pulsare zur Erde gelangen, werden sie von den schwachen, weit entfernten Echos der Gravitations­wellen geprägt, die von diesen schwarzen Löchern ausgesendet werden. Diese Echos enthalten Informationen über die kosmische Population supermasse­reicher binärer schwarzer Löcher, die sich bei der Verschmelzung von Galaxien bilden und ein neues Fenster ins Universum eröffnen.

Die aktuell publizierten Ergebnisse basieren auf jahrzehnte­langen koordinierten Beobachtungs­kampagnen. Die Teleskope haben die Pulsare sehr oft und über einen sehr langen Zeitraum hinweg beobachtet. So können die Astronomen Doppelsysteme von schwarzen Löchern mit Umlaufzeiten von wenigen Jahren bis zu Monaten herunter untersuchen.

Die Analyse der Daten von Pulsar-Timing-Arrays wird durch viele verschiedene Rauschquellen erschwert, die die Pulsare selbst mitbringen und die bei der Suche nach der Signatur der Gravitations­wellen berücksichtigt werden müssen. Das Signal selbst ist darüber hinaus zufällig, so dass es ebenfalls wie Rauschen aussieht. Der Goldstandard in der Physik für die Entdeckung eines neuen Phänomens ist, dass das Ergebnis des Experiments mit einer Wahr­schein­lich­keit von weniger als einem Mal in einer Million zufällig auftritt. Die von den inter­nationalen Kollabo­ra­tionen jetzt vorgelegten Ergebnisse erfüllt dieses Kriterium noch nicht – hier liegt die Wahr­schein­lichkeit dafür, dass die Befunde zufälliger Natur sind, zwischen 1:300 und 1:10.000.

Gleichwohl zeigen sich die Forscher optimistisch, dass es sich um reale Signale von Gravitations­wellen handelt. Dafür spreche, dass die Signifikanz im Laufe der vergangenen sieben Jahre zugenommen habe, so Champion: „Seitdem hat es denselben Spektralindex und dieselbe Amplitude beibehalten. Und der spektrale Index stimmt auch mit den Erwartungen der Galaxien­entwicklung überein.“ Und schließlich sehen fünf inter­nationale Kollabo­ra­tionen unabhängig voneinander dasselbe Signal in ihren Daten. „Zusammen macht uns zuversichtlich, dass wir die Gravitations­wellen tatsächlich sehen. Aber wir sind uns bewusst, dass die Möglichkeit eines Fehlalarms besteht.“

Die Datensätze sollen jetzt im Rahmen des International Pulsar-Timing-Array zusammen­geführt werden. Ziel ist es, die aktuellen Datensätze zu erweitern, indem ein Netzwerk von über hundert Pulsaren genutzt wird, die mit dreizehn Radioteleskopen beobachtet wurden, und mehr als tausend Beobachtungen für jeden Pulsar bündeln. Diese Daten sollten es den Forschern ermöglichen, einen unwider­leg­baren Beweis für das Vorhandensein eines Gravitations­wellen-Hintergrunds bei Nanohertz-Frequenzen zu erbringen.

MPIfR / RK

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