Nanokeramik aus der Kugelmühle
Korundpartikel für Autokatalysatoren lassen sich verblüffend einfach erzeugen.
Autokatalysatoren und Materialien für besonders stabile Keramiken könnten künftig robuster werden und sich einfacher herstellen lassen. Denn Forscher des MPI für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr haben einen Weg gefunden, Korund, eine besonders stabile Variante von Aluminiumoxid, in Form von Nanoteilchen herzustellen – und zwar durch simples Mahlen in einer Kugelmühle.
In seinen edelsten Varianten formt Korund dank Spuren von Chrom, Eisen oder Titan Rubine und Saphire. Materialwissenschaftler interessieren sich für ihn aber weniger als Schmuckstein. Da er es in puncto Härte beinahe mit Diamant aufnehmen kann und auch gegen Hitze und Chemikalien ausgesprochen beständig ist, wird Korund nicht nur für keramische Implantate in der Zahnheilkunde, sondern auch für Prothesen oder Schneidwerkzeuge verwendet.
Noch bruchfester ließe sich die Keramik machen, wenn sie aus Nanopartikeln des Aluminiumoxids produziert würde. Ein solches Herstellungsverfahren bräuchte zudem weniger Energie. Vereinfachen könnten Nanopartikel aus Korund auch den Bau von Autokatalysatoren, deren katalytisch aktive Komponente damit zudem stabiler würde. Bislang setzt die Automobilindustrie dafür in einem aufwändigen Verfahren eine weniger stabile Form von Aluminiumoxid ein.
Auch für die Chemieindustrie ist das besonders harte Aluminiumoxid in Form winziger Teilchen sehr interessant. „Es gibt Berichte, dass Katalysatoren mit einem Trägermaterial aus Korund-
Ein Pulver der winzigen Korundpartikel erhalten die Forscher, indem sie Brocken von Böhmit, einem wasserhaltigen Aluminiumoxid, das in dem häufig vorkommenden Erz Bauxit enthalten ist, drei Stunden lang in einer Kugelmühle mahlen und anschließend kurz erhitzen. Bislang ließ sich Korund aus anderen Oxiden von Aluminium nur erzeugen, wenn die Ausgangsstoffe bei mehr als tausend Grad Celsius gebrannt oder bei Temperaturen von um fünfhundert Grad wochenlang unter hohen Druck gesetzt wurde. Dann bildeten sich zudem keine Nanokristalle, sondern größere Partikel.
„Dass Nanopartikel aus Korund in einer Kugelmühle entstehen, haben wir zufällig festgestellt“, sagt Schüth. Sein Team untersuchte, ob eine katalytische Reaktion in einer solchen Mühle besser abläuft, weil der Katalysator beim Mahlen immer wieder eine frische Oberfläche erhält, an der die Reaktionspartner zueinanderkommen können. Als Katalysator verwendeten sie dabei ein weiches, mit Goldpartikeln versetztes Aluminiumoxid und verfolgten das Geschehen in der Kugelmühle mit verschiedenen analytischen Methoden. Nach ein paar Stunden hatte sich ein Teil des Aluminiumoxids in Korund umgewandelt. „Das haben wir dann systematisch untersucht und dabei verschiedene Varianten des Aluminiumoxids als Ausgangsstoffe getestet“, sagt Amol Amrute, einer der federführend beteiligten Wissenschaftler.
Inzwischen können die Forscher auch erklären, warum ein so banaler Vorgang wie das Mahlen eine Route zu einem Mineral eröffnet, das sonst nur unter harschen Bedingungen und schon gar nicht in Nanoform zu bekommen ist. Zum einen beeinträchtigen die Defekte wie Risse, Brüche und Stufen, die beim Mahlen entstehen, die Stabilität von Korund weniger als die von weicheren Aluminiumoxiden. Korund entsteht deshalb bevorzugt. Zum anderen liefern die Stöße, die das Material in der Mühle erfährt, genau die mechanische Energie, die für den ziemlich aufwändigen Umbau der Kristallstruktur zum Korund nötig ist. Die vergleichsweise niedrigen Temperaturen bei dem Prozess verhindern zudem, dass sich die Nanoteilchen zu größeren Körnern verklumpen.
Nun untersuchen die Forscher, die auf die Entwicklung neuer Katalysatoren spezialisiert sind, wie sich Nanokorund als Katalysatormaterial in verschiedenen Reaktionen macht, zum Beispiel bei der Gewinnung synthetischer Kraftstoffe. „Wir erwarten da nicht unbedingt ein völlig anderes Reaktionsverhalten“, sagt Schüth. Weil Korund aber viel stabiler ist und auch weil er in Form von Nanoteilchen manche Reaktionen vielleicht noch stärker beschleunigt als bislang verwendete Aluminiumoxide, sind auch Industrieunternehmen auf das simple Rezept für die Nanopartikel aufmerksam geworden. Potenzielle Kunden haben bereits Interesse angemeldet, so dass derzeit ein Prozess entwickelt wird, um große Mengen der winzigen Korundpartikel gewissermaßen zu erzeugen.
MPI KoFo / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
A. P. Amrute et al.: High-surface-area corundum by mechanochemically induced phase transformation of boehmite, Science 366, 485 (2019); DOI: 10.1126/science.aaw9377 - Heterogene Katalyse (F. Schüth), Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mülheim an der Ruhr