29.03.2019

Nanokompass zeigt in Ost-West-Richtung

Richtung hängt von der atomaren Nachbarschaft der Nanomagnete ab.

Magnete zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen Nordpol und einen Südpol haben. Magnetische Nadeln, wie sie beispielsweise in einem Kompass vorkommen, richten sich im Erdmagnetfeld so aus, dass damit die Kardinal­richtungen Nord und Süd und daraus abgeleitet Ost und West bestimmt werden können. Wenn man jedoch die makro­skopische Welt verlässt und in die Tiefen viel kleinerer Dimensionen eintaucht, ändert sich das. Forscher des Paul Scherrer Instituts PSI und der ETH Zürich haben nun eine ganz besondere magnetische Wechselwirkung auf der Ebene nano­skopischer Strukturen aus wenigen Atomschichten entdeckt.

Abb.: Die Kopplung von Nord-West- ( und auch Süd-Ost-) Orientierung entdeckten...
Abb.: Die Kopplung von Nord-West- ( und auch Süd-Ost-) Orientierung entdeckten die Forscher mithilfe einer nur 1,6 Nanometer dünnen Lage aus Kobaltatomen. (Bild: Z. Luo, PSI)

Die Atome wirken dort wie winzige Kompassnadeln und entfalten ihre Wirkung über äußerst kurze Entfernungen im Nanometer­bereich. Das Phänomen, das die Forscher nun beobachten konnten, basiert auf einer Wechselwirkung, die die beiden Physiker Igor Dzyaloshinskii und Toru Mariya vor mehr als sechzig Jahren vorhergesagt haben. „Das war unser Ausgangspunkt“, sagt Zhaochu Luo, Physiker am PSI und an der ETH Zürich. Bei dieser Wechselwirkung richten sich die Atomkompass­nadeln nicht nur in Nord-Süd-Richtung, sondern auch in Ost-West-Richtung aus. „Wohin sie zeigen, hängt davon ab, wie sich die Atome in ihrer Nachbar­schaft orientieren“, sagt Zhaochu Luo. Wenn beispiels­weise eine Gruppe von Atomen nach Norden zeigt, weist die benachbarte Gruppe immer nach Westen. Wenn eine Gruppe von Atomen nach Süden zeigt, dann orientieren sich die benachbarten Atome nach Osten.

Diese Orientierungen können durch Magnetfelder oder elektrische Ströme umgekehrt werden, das heißt von Nord nach Süd und umgekehrt. Die benach­barten Atomgruppen orientieren sich dann entsprechend neu, entweder von West nach Ost oder umgekehrt. Die Kopplung von Nord-West- und Süd-Ost-Orientierung entdeckten die Forscher mithilfe einer nur 1,6 Nanometer dünnen Lage aus Kobaltatomen, die zwischen einer Platinschicht auf der einen und einer Aluminium­oxid-Schicht auf der anderen Seite eingeschlossen war. „Alleine die Herstellung dieser speziellen Schichtung für unsere Experimente dauerte etwa ein halbes Jahr“, so Zhaochu Luo. Außergewöhnlich dabei ist, dass sich diese Wechsel­wirkung lateral abspielt. Bislang konnten vergleichbare Kopplungen zwischen Nano­magneten nur vertikal, also bei übereinander angeordneten Atomgruppen festgestellt werden. 

Das Phänomen ermöglicht die Entwicklung magnetischer Netzwerke in einer Ebene. Damit lassen sich unter anderem synthetische Antiferro­magnete herstellen. In diesen Antiferro­magneten zeigen Atomgruppen in regel­mäßigen Abständen entweder nach Norden oder nach Süden. Die Anzahl der gegenläufig orientierten Nanomagnete ist etwa gleich, sodass sie sich in der Summe gegenseitig neutra­lisieren. Deshalb wirken Antiferro­magnete auf den ersten Blick nicht wie Magnete. Die benachbarten Atome, die entweder nach Westen oder nach Osten ausgerichtet sind, wirken als Abstandhalter zwischen den Magneten, die nach Norden oder Süden zeigen und jeweils nur wenige Nanometer groß sind. Dadurch ist es beispielsweise möglich, neue, effizientere Computer­speicher und -schalter zu bauen, was wiederum die Leistungs­fähigkeit von Mikroprozessoren erhöht. 

Die einzelnen Nanomagnete, die entweder nach Norden oder nach Süden gerichtet sind, eignen sich zum Bau von Logik­gattern. Signale gehen in diese Gatter hinein und werden dann zu einem Ausgangssignal verarbeitet. In einem Computer sind viele dieser Gatter vernetzt, um Operationen durchzuführen. Ein solcher Computer­baustein kann auch mithilfe von Nanomagneten konstruiert werden, die nach Norden oder Süden zeigen. Diese sind vergleichbar mit den heute üblichen Prozessoren, deren Transis­toren die Signale in binärer Form verarbeiten, also alle Signale als Null oder Eins inter­pretieren. Nanomagnete, die entweder nach Norden oder nach Süden ausgerichtet sind, können dies ebenfalls leisten. Das könnte Mikro­prozessoren kompakter und effizienter machen.

Laut Pietro Gambardella, der diese Studie zusammen mit Laura Heyderman geleitet hat, „bietet die Arbeit eine Plattform, um Anordnungen von vernetzten Nanomagneten zu entwerfen und eine voll­elektrische Steuerung von planaren logischen Gattern und Speicher­vorrichtungen zu erzielen.“

PSI / JOL

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