16.07.2018

Nanokraftwerk mit Quantenpunkt

Prototyp einer thermoelektrischen Wärmekraft­maschine erreicht hohe Effizienz.

Die maximale Effizienz jeder Wärmekraftmaschine – von der Gas­turbine bis zum Diesel­motor – wird vom Wirkungs­grad des Carnot-Prozesses festgelegt. Je höher die Temperatur­differenz zwischen zwei Wärme­reservoiren ist, desto höher liegt dieses theoretische Limit. In herkömmlichen Wärme­kraft­maschinen erfolgt der Temperatur­ausgleich über ein Arbeits­gas, das etwa eine Turbine zur Strom­erzeugung in Rotation versetzt. Nun haben schwedische Wissenschaftler erstmals einen völlig neuen Typ einer theoretisch vor 15 Jahren vorgeschlagenen Wärmekraft­maschine realisiert. In dieser werden – angetrieben durch ein thermisches Potenzial – Elektronen zwischen den beiden Wärme­reservoiren ausgetauscht.

Abb.: SEM-Aufnahme des Nano­kraftwerks aus zwei Elektroden mit einem dazwischen liegenden Quanten­punkt aus Nano­drähten (Bild: NanoLund, U. Lund)

„Unser Ansatz zeigt, dass sich Wärme ohne Zwischen­schritt direkt in Elektrizität mit hoher Effizienz umwandeln lässt“, sagt Heiner Linke vom Center for Nano­science der Universität Lund. Gemeinsam mit seinen Kollegen baute er ein thermo­elektrisches Nano­kraftwerk, an dem sie das Prinzip einer Wärme­kraft­maschine mit Teilchen­austausch demonstrierten. In ihrem mikroskopisch kleinen Aufbau dienten zwei filigrane Drähte als Wärme­reservoire mit jeweils unterschiedlichen Temperaturen. Dazwischen positionierten sie eine winzige Struktur aus Nano­drähten aus Indium­arsenid und Indium­­phosphid.

Diese Nanostruktur zwischen den metallischen Reservoir-Elektroden bildete einen Quanten­punkt, mit dem sich die Beweglichkeit von Ladungs­trägern wie Elektronen kontrollieren ließ. Der Quanten­punkt wirkte als Filter, um nur die zur Strom­erzeugung nutzbaren Elektronen mit einer bestimmten Energie passieren zu lassen. Zu heiße Elektronen wurden blockiert. Von der Temperatur­differenz angetrieben wanderten nun einzelne Elektronen über den Quanten­punkt von der wärmeren zur kälteren Elektrode. Dabei leisteten sie Arbeit, die über einen winzigen Strom­fluss bei etwa einem Volt Spannung exakt gemessen werden konnte.

Dieses Grundlagenexperiment lief in einer tiefgekühlten Umgebung knapp über dem absoluten Null­punkt ab. Die Temperatur­differenz zwischen den beiden Wärme­reservoiren betrug bei den verschiedenen Versuchen nur gut ein halbes Kelvin. Beim Transfer der Elektronen durch den Quanten­punkt konnten Linke und Kollegen bei etwa einem Volt Spannung einen winzigen Stromfluss von gut 100 Piko­ampere messen. Dabei erreichte das thermo­elektrische Nano­kraftwerk etwa seibzig Prozent des entsprechend des Carnot-Prozesses maximalen Wirkungs­grads und war damit vergleichbar effizient wie die besten, optimierten Gas­turbinen.

Abb.: Illustration des Nanogenerators für eine hoch­effiziente direkte Umwandlung von Wärme in Elektrizität (Bild: P. Krantz, Krantz NanoArt)

Für die Bestimmung dieses elektronischen Wärme­flusses und seiner Effizienz griffen die Forscher ergänzend noch auf theoretische Annahmen zurück, die nicht­lineare Effekte, die Coulomb-Abstoßung zwischen den Elektronen und Tunnel­effekte berücksichtigten. Für zukünftige Experimente wollen sie den Wärme­fluss aber direkt messen. Doch dies gestaltet sich bisher bei den gegebenen, experimentellen Rand­bedingungen schwierig, da sich elektronische und thermische Effekte bislang nur ungenügend voneinander getrennt betrachten ließen.

Die Stromerzeugung des nun realisierten thermo­elektrischen Nano­kraftwerks darf nicht mit der thermo­elektrischen Strom­erzeugung über den Seebeck-Effekt in Thermo­elektrika verwechselt werden. Beide Prozess bieten durch den Verzicht auf jedwede, sich bewegenden mechanischen Bauteile den gleichen Vorteil einer direkten Umwandlung von Wärme in Elektrizität. Rein rechnerisch liegen die Wirkungs­grade der Wärme­kraft­maschine im Nano­maßstab aber weit höher als beim thermo­elektrischen Effekt, der auf Thermo­diffusions­strömen durch ein Material basiert.

Konkrete Anwendungen dieses Nanokraftwerks sind vor allem wegen der extrem niedrigen Temperaturen vorerst nicht zu erwarten. „Unser Experiment ist Grundlagen­forschung, um die Grenzen der Energie­umwandlung auszuloten“, sagt Linke. Doch kann er sich vorstellen, dass sich in Zukunft mit diesem Prinzip wartungs­freie Nano­generatoren konstruieren lassen, die etwa auf­geheizte Elektronen in Solar­zellen oder Computer­prozessoren nutzen könnten. Die winzige Strom­ausbeute könnte beim Betrieb von Sensoren oder von Quanten­schalt­kreisen, in denen einzelne Teilchen kontrolliert werden müssen, genutzt werden.

Jan Oliver Löfken

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