15.05.2014

Nanomagnonischer Durchbruch

Abgestimmte Oszillatoren und Wellenleiter für Spinwellen entwickelt.

Die Nanoplasmonik nutzt Schwingungen des Elektronenplasmas in nanostrukturierten Metallschichten dazu, optische Information komprimiert zu speichern und zu verarbeiten. In ähnlicher Weise setzt die Nanomagnonik auf Spinwellen, die kollektiven magnetischen Schwingungen der Elektronen, und ihre Quanten, die Magnonen. Im Gegensatz zur Nanoplasmonik steckt die Nanomagnonik noch in den Anfängen, da es bisher kaum abgestimmte Bauelemente gibt. Doch jetzt haben Forscher nanomagnonische Wellenleiter entwickelt, die die von nanometergroßen Quellen kommenden Spinwellen aufnehmen und transportieren.

Abb.: Der schematische Aufbau des Experiments. Von der oberen Elektrode fließt der Strom durch die Nanosäule (blau: ferromagnetische Schicht; rot: Kupfer) in die Permalloyschicht und weiter in die untere Elektrode. Dabei entstehen Spinwellen, die sich längs eines Wellenleiters (CoFe-Nanodraht) ausbreiten können. (Bild: S. Urazhdin et al.)

Bei ihrem bahnbrechenden Experiment haben Sergej Demokritov von der Universität Münster und seine Kollegen zunächst Spinwellen mit einem Nanooszillator erzeugt, der durch spinpolarisierte Elektronen zu Schwingungen angeregt wurde. Diese Spinwellenquelle hatten sie schon vor vier Jahren entwickelt. Sie besteht aus einer Nanosäule mit elliptischem Grundriss, die auf einer mit Permalloy beschichteten Unterlage aus Kupfer steht. In der Säule liegt eine ferromagnetische Schicht auf einer nichtmagnetischen.

Ein Elektronenstrom, der über eine Elektrode von oben in die Säule fließt, durchquert die ferromagnetische Schicht und wird dabei spinpolarisiert. Nachdem er die nichtmagnetische Schicht passiert hat, gelangt er in die Permalloyschicht, deren Magnetisierungsrichtung durch ein äußeres Magnetfeld parallel zur Schicht festgelegt wird und nicht mit der Spinrichtung der Elektronen des Stromes übereinstimmt. Daraufhin beginnen die Elektronenspins um die Magnetisierungsrichtung zu präzedieren, wodurch sie ein Drehmoment auf den Teil der Permalloyschicht ausüben, der unter der Nanosäule liegt.

Durch dieses Spintransfer-Drehmoment ändert sich die Magnetisierung der Permalloyschicht lokal und damit auch ihr Magnetowiderstand, was auf den elektrischen Strom zurückwirkt. Es kommt zu elektrischen und magnetischen Schwingungen im Mikrowellenbereich. Von der Permalloyschicht unter der Säule werden Spinwellen in die umgebende Schicht abgestrahlt, und zwar senkrecht zur Richtung des angelegten Magnetfeldes. Durch Brillouin-Streuung von Laserlicht, das senkrecht auf die Permalloyschicht einfiel, hatten Demokritov und seine Kollegen die Abstrahlung der Spinwellen sichtbar gemacht.

Abb.: Die Spinwellen bleiben im Wellenleiter konzentriert, wie die Messung ihrer Intensität durch Brillouin-Streuung zeigt. (Bild: S. Urazhdin et al.)

Es erwies sich jedoch als schwierig, die vom „Spintransfer-Drehmoment-Nanooszillator“ erzeugten Spinwellen mit Hilfe von Wellenleitern in der Permalloyschicht über größere Entfernungen laufen zu lassen. Während der Oszillator Spinwellen mit Frequenzen zwischen 6,5 Gigahertz und 7,5 Gigahertz produzierte, konnten sich in der Permalloyschicht nur Spinwellen mit einer deutlich größeren Frequenz gut ausbreiten. Das sahen die Forscher, indem sie den Oszillator ausschalteten, die sich in der Schicht ausbreitenden Spinwellen thermisch anregten und deren Frequenzen mittels Brillouin-Streuung bestimmten.

Doch Demokritov und seine Kollegen fanden eine Lösung. Sie betteten in die Permalloyschicht einen mehrere Mikrometer langen Nanodraht aus Kobalteisen ein, dessen eines Ende 150 Nanometer von der Nanosäule entfernt war. Auch für diese modifizierte Schicht bestimmten sie das Spektrum der thermisch angeregten Spinwellen: Es reichte nun bis zu Frequenzen von 6 Gigahertz hinab, die vom Oszillator sehr effizient angeregt werden konnten. Die entsprechenden Spinwellen breiteten sich längs des Nanodrahtes aus, wobei die Intensität der Wellen exponentiell mit einer charakteristischen Länge von 1,3 Mikrometer abfiel. Außerhalb des Drahtes ließen sich die Spinwellen nicht nachweisen. Sie blieben also im Wellenleiter eingeschlossen.

Die Übertragung der Spinwellen vom Nanooszillator in den Wellenleiter hatte eine Effizienz von zwei Prozent, was etwa der Lichtauskopplung in einem Laser entspricht. Die Kopplung zwischen Oszillator und Wellenleiter ließe sich noch deutlich verbessern, indem man deren Abstand von gegenwärtig 150 Nanometern stark verkleinert. Mit dem Nanooszillator und dem Wellenleiter, die in einer Schaltung integriert sind, hat man zwei wesentliche Komponenten für eine zukünftige Nanomagnonik. Mit ihnen könnte man Spinsignale herstellen, transportieren und verarbeiten.

Rainer Scharf

DE

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