Nanopartikel-Messsystem für die Pharmaforschung
Neues System misst das an jedem einzelnen Nanopartikel gestreute Licht.
Nanoteilchen sind für die Medizin interessant, weil sie Medikamente und Impfstoffe gezielt tief in den Körper transportieren können. Für solche Zwecke muss allerdings die Konzentration der winzigen Teilchen möglichst genau bekannt sein. In einer Kooperation zwischen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt und dem Unternehmen LUM in Berlin haben Forscher jetzt ein neuartiges, sehr genaues Analysemesssystem für diesen Zweck entwickelt. Es misst das Licht, das von jedem einzelnen Nanopartikel in verschiedene Richtungen gestreut wird, und ist genauer als bisherige Messysteme. Das System arbeitet sehr schnell und lässt sich für einen sehr breiten Einsatzbereich von Nanoteilchen mit etwa vierzig Nanometern Größe bis hin zu Mikropartikeln von etwa zehn Mikrometern verwenden. Erste Geräte wurden bereits einem weltweiten Pharmakonzern für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs sowie an eine große deutsche Forschungsinstitution übergeben.
Weil Nanopartikel so klein sind, zeigen sie ganz anderen optische, elektrische oder magnetische Eigenschaften als größere Teilchen desselben Materials. Das wird beispielsweise für Sonnencremes, funktionale Tinten oder Quantendots genutzt. Und auch die Medizin setzt große Hoffnungen auf Nanoteilchen: Sie könnten beispielsweise als Vehikel dienen, mit deren Hilfe Medikamente biologische Barrieren wie die Luft-Blut- oder die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Man versucht mit ihnen Krebsmedikamente gezielt in einen Tumor oder einen Impfstoff direkt an den Ort seiner besten Wirksamkeit zu bringen.
Nanopartikel stellen große Anforderungen an die Messtechnik, die man für die Produktentwicklung, die Kontrolle der Produktionsqualität und nicht zuletzt auch für die Risikobewertung der Produkte braucht. Dabei geht es immer häufiger nicht nur um die Größenmessung, sondern auch um die Messung der Teilchenzahl und -konzentration.
Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützten Technologietransferprojekts zwischen der PTB und LUM wurde auf Basis eines neuen Ansatzes das Messprinzip eines Einzelpartikel-Streulichtphotometers entwickelt. Es kann die Partikelgrößenverteilung und die Partikelkonzentration von Nano- und Mikropartikeln in Suspensionen und Emulsionen mit hoher Auflösung bestimmen. Neben seiner Genauigkeit ist es gekennzeichnet durch einen sehr breiten Einsatzbereich und durch große Schnelligkeit: Pro Sekunde können bis zu 10.000 Teilchen analysiert werden.
Die Basistechnologie nennt sich „Single Particle Light Scattering“-Technologie. Damit ermittelt das Gerät die Intensität des Lichts, das von jedem einzelnen Nano- oder Mikropartikel in verschiedene Richtungen gestreut wird. Dass die Teilchen einzeln hintereinander das Messgerät passieren, ist das Ergebnis von hydrodynamischer Fokussierung: Ein Hüllstrom bringt die Teilchen in eine Vorzugsrichtung. Anschließend wandern sie einzeln durch das Zentrum der Messzelle. Diese Methode wird bereits seit Jahren sehr erfolgreich für die Durchflusszytometrie genutzt, mit der sich beispielsweise Körperzellen einzeln und schnell zählen lassen.
Das neue Messystem ist in der Lage, ohne Veränderungen an der Hardware Partikelsuspensionen mit unterschiedlichsten Zusammensetzungen zu analysieren. Es kann auch bei sehr hohen Ausgangskonzentrationen kleinste Größenunterschiede bis in den Nanometerbereich hinein ermitteln. Sowohl das Gesamtsystem als auch einzelne Teile wie spezifische Verstärker und die spezielle Optikanordnung basieren auf zum Patent angemeldeten Verfahren der Partner. Erste Geräte sind bereits bei einem globalen Pharmakonzern in der EU für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs sowie bei einem deutschen Forschungsinstitut im Einsatz – eine Erfolgsgeschichte für den Transfer von gemeinschaftlichen vorwettbewerblichen Entwicklungen in aktuelle Anwendungen.
PTB / RK
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