Nanorotor aus DNA
Elektrische Felder ermöglichen schnelle, kontrollierte Bewegungen der Erbgutstränge.
Wissenschaftler der Technischen Universität München TUM haben eine neue, elektrische Antriebstechnik für Nano-Roboter entwickelt. Mit dieser lassen sich molekulare Maschinen Hunderttausendmal schneller bewegen als mit den bisher genutzten biochemischen Prozessen. Damit werden Nano-Roboter schnell genug für die Fließbandarbeit in molekularen Fabriken.
Abb.: Elektrische Felder steuern den rotierenden Nano-Kran aus DNA-Molekülen 100000 Mal schneller als bisherige Methoden.. (Bild: E. Kopperger, TUM)
Am Monitor des Fluoreszenzmikroskops verfolgt Friedrich Simmel die Bewegung der Nano-Maschinen. Ein Mausklick genügt, um die Lichtpunkte in eine andere Richtung wandern zu lassen. „Durch Anlegen elektrischer Felder können wir die Arme beliebig in der Ebene drehen,“ erklärt der Inhaber des Lehrstuhls für Physik Synthetischer Biologischer Systeme. Seinem Team ist es erstmals gelungen Nano-Roboter elektrisch zu steuern und auch gleich einen Rekord aufzustellen: Die neue Antriebstechnik ist 100000 Mal schneller ist als alle bisherigen Methoden.
Weltweit arbeiten Wissenschaftler an neuen Technologien für die Nano-Fabriken der Zukunft. In denen sollen eines Tages wie am Fließband biochemische Proben analysiert oder medizinische Wirkstoffe hergestellt werden. Die dafür notwendigen Miniatur-Maschinen lassen sich bereits kostengünstig mit Hilfe der DNA-Origami-Technik herstellen. Dass diese molekularen Maschinen nicht längst im großen Maßstab genutzt werden, liegt daran, dass sie bisher nur sehr langsam arbeiten. Durch Zugabe von Enzymen, DNA-Strängen oder mit Hilfe von Licht werden die Bausteine aktiviert und können bestimmte Aufgaben ausführen, beispielsweise Moleküle aufnehmen und transportieren.
Für die Ausführung solcher Aktionen benötigen herkömmliche Nano-Roboter allerdings Minuten, manchmal auch Stunden. Eine effiziente molekulare Fließbandarbeit lässt sich mit diesen Methoden kaum realisieren. „Um nanotechnische Produktionslinien aufzubauen, braucht man eine andere Antriebstechnik. Unsere Idee war es, auf das biochemische Schalten der Nano-Maschinen völlig zu verzichten und stattdessen die Wechselwirkung der DNA-Strukturen mit elektrischen Feldern zu nutzen“, erklärt Simmel
Das Prinzip hinter der neuen Antriebstechnik ist einfach: DNA-Moleküle enthalten negative Ladungen. Durch Anlegen elektrischer Felder lassen sich die Biomoleküle daher bewegen. Theoretisch ist es damit möglich, Nano-Roboter aus DNA mit Hilfe von Stromimpulsen zu steuern. Um herauszufinden, ob und wie schnell sich die Roboterarme parallel zu einem elektrischen Feld ausrichten, fixierten die Forscher Nano-Roboterarme auf einem Glasträger und platzierten diesen in einen speziell dafür entwickelten Probenhalter mit elektrischen Kontakten.
Jede einzelne der von Enzo Kopperger gefertigten Miniatur-Maschinen besteht aus einer starren Grundplatte von 55 mal 55 Nanometern, auf der sich, verbunden durch ein flexibles Gelenk aus ungepaarten Basen, ein 400 Nanometer langer Arm befindet. Der Aufbau sorgt dafür, dass sich der Arm in der Horizontalen beliebig drehen kann. In Kooperation mit Fluoreszenz-Spezialisten um Don Lamb von der Ludwig-Maximilians-Universität LMU markierten die Forscher die Spitzen der Roboterarme mit Farbstoffmolekülen. Deren Bewegung verfolgten sie mit einem Fluoreszenzmikroskop. Computergesteuert änderten sie die Richtung des elektrischen Feldes. Auf diese Weise konnten die Forscher die Orientierung der Arme beliebig einstellen und Bewegungsvorgänge vorgegeben.
„Das Experiment hat gezeigt, dass sich molekulare Maschinen elektrisch bewegen und folglich auch antreiben lassen“, sagt Simmel. „Dank der elektronischen Steuerung können wir Bewegungen im Millisekunden-Takt ausführen und sind damit 100.000 Mal schneller als bisherige biochemische Antriebe.“ Die neue Steuerungstechnik eignet sich nicht nur, um Farbstoffe oder Nanopartikel hin- und herzubewegen. Die Arme der Miniatur-Roboter können auch Kräfte auf Moleküle ausüben. Diese Wechselwirkung lässt sich beispielsweise für die Diagnostik und für die Pharmaentwicklung nutzen, betont Simmel: „Nano-Roboter sind klein und preiswert. Millionen von ihnen könnten gleichzeitig arbeiten, um in einer Probe nach bestimmten Stoffen zu suchen oder um Schritt für Schritt – wie am Fließband – komplizierte Moleküle zu synthetisieren.“
TUM / JOL